Verlängerung Corona-Lockdown
06.01.2021

Unbefristeter Lockdown problematisch

Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetages, im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse (PNP)

PNP:  Herr Jung, der Lockdown wird erneut verlängert. Was bedeutet das für die Kommunen? Droht jetzt eine weitere Verödung der Innenstädte?

Burkhard Jung: Jedes Geschäft, das wegen des Lockdowns in seiner Existenz gefährdet ist, ist eines zu viel. Aber die Probleme beim Einzelhandel sind älter als das Virus, sie haben sich durch Corona nur verschärft. Online zu bestellen sind die Menschen inzwischen gewohnt. Deshalb brauchen wir neue Ideen und auch mehr Wohnen, Arbeiten, Handwerk und Kultur in den Zentren. Handel allein reicht nicht, damit Innenstädte belebte und beliebte Treffpunkte bleiben.

PNP: Experten raten zu einem unbefristeten Lockdown bis das Ziel, die Infektionszahlen auf einen Inzidenzwert von 50 pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen zu erreichen. Wäre dies sinnvoller und wirksamer als die immer neue Befristung?

Burkhard Jung: Wir brauchen vor allem einen stabilen Abwärtstrend der Neuinfektionen in ganz Deutschland. Wenn zu früh gelockert wird, war alles für die Katz. Das wissen auch Bund und Länder. Aber einen unbefristeten Lockdown finde ich problematisch. Der Lockdown ist für die Menschen hart und geht für manche wirtschaftlich und sozial an die Substanz. Deshalb müssen einschneidende Maßnahmen eng befristet sein und immer wieder überprüft werden. Und neben dem Inzidenzwert ist auch die Auslastung der Krankenhäuser und Intensivstationen entscheidend.

PNP: Die Kommunen verzeichnen in Zeiten der Pandemie einen massiven Einbruch der Einnahmen. Vor allem bei der Gewerbesteuer gibt es große Ausfälle. Welche Hilfen erwarten Sie von Bund und Ländern?

Burkhard Jung: Die finanziellen Folgen werden immer dramatischer. Denn fehlende Einnahmen wirken sich sofort auf die geplanten Investitionen der Städte aus. Da geht es um Schulen, Kitas und Verkehrsprojekte. Schon bisher drohten die Kommunen allein für dieses Jahr etwa 7 Milliarden Euro Gewerbesteuereinnahmen zu verlieren. Und das ist die wichtigste kommunale Steuerquelle. Durch den Lockdown wird das Minus noch größer. Deshalb brauchen wir rasch ein klares Signal von Bund und Ländern, dass sie uns auch 2021 und 2022 helfen und die Gewerbesteuerausfälle ausgleichen. Das war 2020 ein Erfolg. Die städtischen Investitionen habe eine große Strahlkraft. Über 50 Prozent aller öffentlichen Sachinvestitionen kommen von uns. Daran hängen Aufträge für das örtliche Handwerk und Gewerbe.

PNP: Es gibt Kritik an der Corona-Impfstrategie. Wie bewerten Sie den Impfstart?

Burkhard Jung: Die kommunalen Impfzentren sind gut aufgestellt und können rasch impfen. Die Städte haben sich dafür sehr ins Zeug gelegt. Kassenärztliche Vereinigungen, Hilfsorganisationen, medizinisches Personal, städtische Beschäftigte und ehrenamtlich Helfende wollen, dass die Impfkampagne zum Erfolg wird. Und wo Organisation und Miteinander der Beteiligten mal ruckeln, werden wir gemeinsam Lösungen finden. Vor allem brauchen wir ausreichend Impfstoff. Aktuell werden vor allem die Menschen in Pflege- und Altenheimen und medizinisches Personal geimpft.

PNP: Wie lassen sich aus Ihrer Sicht die Probleme beim Impfen lösen?

Burkhard Jung: Die Menschen setzen große Hoffnungen in rasche flächendeckende Impfungen. Alles hängt aber von der Menge des Impfstoffs ab, den wir bekommen. Jetzt ist der Bund am Zug, genügend Impfstoff bereit zu stellen. Und Länder und Kommunen müssen wissen, wann wieviel Impfstoff kommt. Ganz wichtig ist außerdem, dass Bund und Länder klar kommunizieren, welche Personengruppen ab wann geimpft werden können. Wir sollten keine Erwartungen in der Bevölkerung wecken, die wir nicht erfüllen können.

Mit freundlicher Genehmigung der Passauer Neuen Presse www.pnp.de