Mit KI und Geoinformationen: Wie Urbane Digitale Zwillinge die Stadtentwicklung revolutionieren
-
Landbedeckungsklassifizierung in München
Landeshauptstadt München
Urbane Digitale Zwillinge sind virtuelle Abbilder realer Städte und bilden physische Strukturen, Infrastrukturen sowie städtische Prozesse digital nach. Sie ermöglichen es, urbane Entwicklungen datenbasiert zu analysieren, zu simulieren und zu optimieren. Der Arbeitskreis Geoinformation des Deutschen Städtetages hat sich intensiv zum ersten Standard für Urbane Digitale Zwillinge eingebracht, der im Oktober 2024 vom Deutsche Institut für Normung (DIN) veröffentlicht wurde.
Städtische Geobasisinformationen sind die wesentliche Grundlage des Urbanen Digitalen Zwillings einer datensouveränen Stadt: Diese definieren den Raumbezug, ermöglichen eine persistente, fachübergreifende Informationsverknüpfung und schaffen damit einen eindeutigen Interpretationsraum. Dieser wird längst von immer mehr Städten für die Integration von Künstlicher Intelligenz genutzt, um die Möglichkeiten realitätsnaher Vorhersagen, adaptiver Planung und automatisierter Entscheidungsunterstützung zu verbessern.
Beispielsweise führt der GeodatenService München auf Grundlage städtischer Luftbilddaten eine KI-gestützte Berechnung der stadtweiten Landbedeckungsklassifizierung durch. Dabei handelt es sich um eine systematische Einteilung und Kartierung der physischen Oberflächenbedeckung – verschiedene Flächentypen wie Gebäude, Straßen, Grünflächen oder Wasserflächen werden differenziert. Daraus lassen sich stadtstrukturelle Parameter wie etwa der Versiegelungsgrad, dessen Versiegelungseffizienz und hieraus dann wiederum das Potenzial der Nachverdichtung ableiten und identifizieren. Veränderungen werden analysiert, Umweltaspekte bewertet und dadurch die Stadtplanung unterstützt.
Ein weiteres Beispiel für eine KI-gestützte Anwendung ist die Möglichkeit, mit den integrierten Daten zu sprechen. Dieser vielversprechende Ansatz ist in München in Erprobung. Grundlage ist das virtuelle 3D-Stadtmodell. Dieses wird ergänzt mit weiteren raumbezogenen Daten der städtischen Geodateninfrastruktur. Unter Verwendung vertrauenswürdiger Large Language Models (LLM) kann dann per Sprach- oder Texteingabe mit den angezeigten Daten interagiert werden, zum Beispiel mit der Frage
"Zeige mir das Solarpotenzial für eine bestimmte Fläche und berechne, ob sich hier die Installation einer Solaranlage lohnt."
Damit wird ein niedrigschwelliger Zugang zu Informationen der Stadt ermöglicht. Bürgerinnen und Bürger können so noch umfänglicher in Entwicklungen und Entscheidungen eingebunden werden.
Auch bei Klimaschutz und Klimaanpassung spielen Urbane Digitale Zwillinge und die KI-Integration eine elementare Rolle. So wurden mit dem Digitalen Zwilling München Hitzeinseln in der historischen Altstadt identifiziert und die Planung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel gezielt unterstützt. Dabei stellte sich für eine klimaresiliente Altstadt in München die Frage: Wo ist es im Sommer besonders heiß und der Handlungsdruck besonders hoch?
-
Ausschnitt aus der kartenbasierten Darstellung der Lufttemperatur an einem Sommer tag mit dem Digitalen Zwilling München
Landeshauptstadt München
Für die Beantwortung dieser Frage hat der GeodatenService das neuere Stadtklimamodell PALM-4U mit Unterstützung des Fraunhofer IBP an den Digitalen Zwilling angebunden und das Stadtklima für die Innenstadt simuliert. Das Simulationsmodell ermittelt dabei vielfältige Daten und Kennwerte für unterschiedliche Tages- und Nachtzeiten, darunter Informationen zu Windströmen, Lufttemperaturen und dem PET-Index zur gefühlten Temperatur.
Zentrale Ergebnisse dieser Simulation wurden anschließend in unterschiedlichen Karten visualisiert und in einer interaktiven Webanwendung zur Verfügung gestellt. So konnten die identifizierten Hotspots bei der Auswahl so genannter Fokusräume berücksichtigt werden. Für diese wurden konkrete Vorschläge für Anpassungsmaßnahmen erarbeitet und ihre Auswirkungen auf das Stadtklima simuliert. Solche Stadtklimasimulationen erfordern allerdings lange Rechenzeiten, was den Vergleich von Planungsvarianten erschwert. Durch neue KI-Modelle liegen Simulationsergebnisse von Planungsszenarien innerhalb weniger Minuten vor und ermöglichen eine stärkere Berücksichtigung der Klimaanpassung im Handeln der Stadtverwaltung.
-
Urban AI Twin: Mit dem digitalen Abbild der Stadt sprechen
Landeshauptstadt München
Die Qualität und Verfügbarkeit städtischer Geoinformationen entscheiden maßgeblich darüber, wie präzise, effizient und nachhaltig urbane Digitale Zwillinge die komplexen Herausforderungen moderner Stadtentwicklung meistern können. Denn erst die intelligente Vernetzung und Analyse dieser räumlichen Daten verwandeln das digitale Abbild einer Stadt in ein kraftvolles Werkzeug für Zukunft und Innovation.
Markus Mohl
Vorsitzender des Arbeitskreises Geoinformation im Deutschen Städtetag und Abteilungsleiter Geodienste und Digitaler Zwilling im GeodatenService der Landeshauptstadt München
Mehr lesen?
Dieser Text ist erschienen in Städtetag aktuell 5|2025, Schwerpunkt KI in Kommunen
-
Metro Hopper – stock.adobe.com
Mehr erfahren?
Zum Schwerpunkt "Künstliche Intelligenz in der kommunalen Praxis" hat der Deutsche Städtetag Best Practices aus den Mitgliedsstädten gesammelt. Vorgestellt werden Beispiele aus den Bereichen Bürgerservice und Verwaltung, Entsorgung und Versorgung, öffentliche Sicherheit, Katastrophenschutz, Stadtentwicklung, Klima und Umwelt sowie Verkehr.
Ihr vorbildliches Projekt für kommunale KI fehlt? Dann schreiben Sie uns!
presse-info@staedtetag.de