Städtetag aktuell 5|2025
23.10.2025

Städte und KI: Zwischen Aufbruch und Verantwortung

Prof. Dr. Jörn von Lucke, Zeppelin Universität gemein­nützige GmbH

Entwicklung und Einsatz von KI im öffentlichen Sektor erfordern ethische, rechtliche, sicherheitsrelevante und organisatorische Abwägungen

Künstliche Intelligenz (KI) umfasst Technologien und Algorithmen, die menschliche Intelligenz nachbilden, um Aufgaben eigenständig oder auf Befehl zu übernehmen. Dazu zählen maschinelles Lernen, neuronale Netze, Muster- und Spracherkennung, Chatbots und Robotik. KI automatisiert Tätigkeiten durch die Erkennung von Mustern, Texten, Sprache, Bildern, Gesichtern und Gesten. Andere Systeme ermöglichen die Generierung von Texten, Sprache, Bildern und Videos. All dies eröffnet neuartige Anwendungsfelder zur Wahrnehmung, Benachrichtigung, Empfehlung, Vorhersage, Vorsorge, Entscheidung und Situationsanalyse in Echtzeit im städtischen Raum.

Leistungsfähigere Hardware, lernende KI-Algorithmen, große Datenräume sowie offene Standards und Schnittstellen schaffen neuartige Einsatzfelder. KI optimiert Posteingänge, Bürgerdienste, Entscheidungsprozesse und Krisenreaktionen. Sie kann analysieren und steuernd eingreifen. Sie automatisiert Aufgaben, beschleunigt Prozesse, verbessert die Datenqualität und unterstützt Entscheidungsträger mit fundierten Vorschlägen. Mittelfristig kann KI den Verkehr smarter steuern, das Parkraummanagement verbessern und den ÖPNV optimieren, die Energieeffizienz in Gebäuden erhöhen, früh Schäden an Infrastrukturen erkennen und Planungen durch Analysen unterstützen. Allerdings bedeutet ihr Einsatz auch den Verzicht auf absolute Vollständigkeit und Korrektheit der Ergebnisse, was neue Herausforderungen mit sich bringt.

Generative KI (Gen KI) erzeugt auf Basis erlernter Muster neue Inhalte wie Texte, Übersetzungen, Präsentationen, Programme, Prozesse, Bilder oder Videos. Sie bietet vielfältige Einsatzmöglichkeiten in Stadtverwaltung, Stadtrat und städtischen Einrichtungen, vom Literaturhaus bis zum Kunstmuseum. GenKI unterstützt beim Erstellen von Entwürfen, Anschreiben, Berichten, Agenden, Plänen, Bescheiden und Vorlagen. Sie erleichtert Protokolle, Transkriptionen und Übersetzungen in einfache Sprache. Chatbots verbessern die Erreichbarkeit der Stadtverwaltung, entlasten Hotlines, begleiten Antragsteller bei digitalen Anträgen und stärken den Bürgerservice. Durch gezieltes Prompt Engineering lassen sich bessere Ergebnisse erzielen, Argumente schärfen, Gegenmeinungen entwickeln und kreative Ansätze generieren.

Die Chancen liegen im Kompetenzaufbau, Bürokratieabbau, Best-Practice-Austausch, in datengestützter Politikgestaltung, evidenzbasiertem Verwaltungshandeln, gelebter Bürgerbeteiligung und höherer Effizienz.

Zugleich gilt es, den Missbrauch solcher Ansätze durch Feinde der Demokratie im Blick zu behalten. Gen KI-Werkzeuge überzeugen durch schnelle Reaktionen, kreative Inhalte, Anpassungsfähigkeit, Mehrsprachigkeit, Lernfähigkeit, Skalierbarkeit sowie Geduld und Höflichkeit. Richtig eingesetzt können sie die Produktivität in Stadtverwaltungen signifikant steigern, insbesondere bei Fachkräftemangel. Schwächen zeigen sich in begrenztem kritischem Denken, Abhängigkeiten von Trainingsdaten, Halluzinationen, mangelnder Sensitivität gegenüber falschen, ironischen und sarkastischen Informationen sowie Anfälligkeit für Missbrauch.

Daher braucht es einen konstruktiven Umgang mit den Herausforderungen und den neuen rechtlichen Vorgaben, etwa der KI-Verordnung der EU und deren Umsetzung durch Strategien und Schulungen. Verzerrungen, Diskriminierungen und technologische Abhängigkeiten, Risiken gezielter politischer Einflussnahme und Manipulation durch Dritte, technische Unvollkommenheiten und Sicherheitslücken sind dauerhafte Themen. Gehen Arbeitsplätze und Kompetenzen infolge hoher Technikgläubigkeit verloren, schwächt dies die Resilienz städtischer Organisationen. Datenschutz und der Schutz sensibler Inhalte müssen eigenverantwortlich beachtet werden. Datenschutzbedenken, laufende Kontrollen und rechtliche Anforderungen können zwar bremsend wirken und Widerstände hervorrufen, sind aber für datenschutzkonforme Lösungen unerlässlich.

Entwicklung und Einsatz von KI im öffentlichen Sektor erfordern ethische, rechtliche, sicherheitsrelevante und organisatorische Abwägungen. Benchmarks sollten KI-Anbieter und ihre Leistungen vergleichbar machen. Behörden müssen die Flexibilität haben, jeden KI-Dienst jederzeit austauschen zu können. KI und Gen KI werden wesentliche Beiträge zur digitalen Transformation von Städten und Stadtverwaltungen leisten. Am Ende entscheiden jedoch immer Menschen, wie verantwortungsvoll mit neuer Technologie umgegangen wird.

 

Prof. Dr. Jörn von Lucke
Zeppelin Universität gemein­nützige GmbH

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Dieser Text ist erschienen in Städtetag aktuell 5|2025, Schwerpunkt KI in Kommunen

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