Städtetag aktuell 5|2025
23.10.2025

KI in der Stadtverwaltung und beim Bürgeramt

Von Dr. Uda Bastians, Deutscher Städtetag

Die Vision: Das Bürgeramt, das nie "geschlossen" hat – weil Chatbots jederzeit Auskünfte geben, Übersetzungen in Fremdsprachen oder leichte Sprache in Sekunden bereitstehen und Anträge automatisch bearbeitet werden. Damit sind Entlastungen der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter in Sicht, sowohl bei Routineaufgaben als auch bei der Vorbereitung von Entscheidungsprozessen.

Ein neuer Alltag mit KI

Interne Abläufe können mit KI effizienter gestaltet, bürgernahe Dienstleistungen weiterentwickelt werden. Was wie Zukunftsmusik klingt, wird in vielen Städten in den verschiedensten Einsatzbereichen bereits erprobt oder befindet sich schon im Regelbetrieb. Künstliche Intelligenz (KI) ist dabei, den Verwaltungsalltag grundlegend zu verändern: Effizienter nach innen, bürgerfreundlicher nach außen.

Freiraum für das Wesentliche

Im Backoffice zeigt KI bereits, was sie kann. Bei den internen Verwaltungsprozessen kann KI vor allem durch die Automatisierung von Routinetätigkeiten entlasten. München testet die automatisierte Erfassung von Rechnungsdaten, Leipzig setzt KI bei Wohngeldanträgen ein, Dresden nutzt Datenmodelle für die Prognose von Schul- und Kitaplätzen. Die Auswertung großer Datenmengen zur Unterstützung der Entscheidungsfindung oder bei Planungsprozessen haben sich als ideale Einsatzbereiche für KI herausgestellt. Das Ergebnis: schnellere Bearbeitung, weniger Fehler, bessere Planbarkeit. KI schafft Freiräume, damit Mitarbeitende sich auf komplexe Fälle und den direkten Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern konzentrieren können.

"Digiale Souveränität ist entscheidend."

Bessere Erreichbarkeit, mehr Teilhabe – KI im Bürgerservice

Auch im Bürgerservice eröffnet KI neue Möglichkeiten. KI-gesteuerte Chatbots, die rund um die Uhr mehrsprachig Auskünfte geben, werden bereits in vielen Städten eingesetzt. Sie können rund um die Uhr Auskünfte geben. Dabei sind sie oft in der Lage, in mehreren Sprachen sowie in Leichter oder einfacher Sprache zu kommunizieren. In Berlin, Krefeld und Nettetal wird die Kommunikation durch KI-gestützte Gebärdensprach-Avatare begleitet. KI erleichtert so den Zugang zur Verwaltung für alle, unabhängig von Uhrzeit, Sprache oder Handicap.

Kombiniert mit intelligenter Terminvergabe und automatisierten Prozessschritten bei Standardleistungen wird nicht nur die Effizienz gesteigert, sondern auch die Nutzerfreundlichkeit.

 

Leitplanken statt Blindflug

Damit der KI-Einsatz gelingt, braucht es klare Rahmenbedingungen. Der europäische AI-Act schafft erste Leitlinien, insbesondere im Hinblick auf Transparenz, Datenschutz und Qualifikation der Mitarbeitenden. Kommunen sind gefordert, ihre Verfahren sorgfältig zu prüfen:

  • In welchen Bereichen ist der Einsatz von KI verboten, etwa bei der Emotionserkennung am Arbeitsplatz? Jenseits absoluter Verbote muss eine Risikoeinstufung erfolgen, die weitere Anforderungen an die KI-Systeme stellt.
  • KI-Systeme dürfen nur unterstützen, die endgültige Entscheidung verbleibt bei den menschlichen Mitarbeitenden. So sollen ethische und rechtliche Standards eingehalten werden.
  • Automatisierte Entscheidungen sind nur möglich, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen sind und die Entscheidung weder ein Ermessen noch einen Beurteilungsspielraum beinhaltet.

Selbstbestimmt statt abhängig

Digitale Souveränität ist entscheidend. Viele Städte stehen vor der Frage, wie sich KI-Lösungen nutzen lassen, ohne in Abhängigkeit von wenigen großen Anbietern zu geraten. Kommunen sollten daher auf offene Standards und datenschutzkonforme Infrastrukturen setzen. Die Stadt Essen geht hier mit gutem Beispiel voran: Sie verfolgt eine eigene Plattformstrategie und hat eine kommunale Charta für digitale Ethik erarbeitet, um den Technologieeinsatz aktiv zu gestalten. Hamburg hat mit LLMoin eine eigene, sichere Lösung aufgesetzt, München setzt auf MUCGPT auf kommunalen Servern.

Voraussetzungen schaffen

KI ist kein Selbstläufer. Neben dem politischen Willen, neue Wege auszuprobieren, braucht es:

  • Kompetenz durch gezielte Schulungen für Mitarbeitende, um einerseits das Potenzial von KI auszunutzen und andererseits Risiken zu minimieren,
  • Technik, insbesondere sichere Infrastrukturen und offene Standards und
  • Kooperation durch einen guten und offenen Austausch der Städte untereinander.

Und es erfordert Investitionen. Zentrale Beratungsangebote und Förderprogramme können insbesondere kleineren und mittleren Kommunen helfen, den Einstieg in den KI-Einsatz praxisnah und rechtssicher zu gestalten.

Fazit: Mit Verantwortung und Strategie

KI ersetzt die Verwaltungsarbeit nicht, aber sie ist ein mächtiges Werkzeug, um Prozesse zu beschleunigen, Mitarbeitende zu entlasten und Bürgerdienste moderner zu gestalten. Sie erfordert einen verantwortungsvollen und durchdachten Ansatz, um das Potenzial auszunutzen und Risiken zu minimieren. Städte, die KI heute strategisch einsetzen und verantwortungsvoll gestalten, sichern sich einen Vorsprung. Denn klar ist: Ohne KI wird die moderne Verwaltung künftig nicht mehr auskommen.

Dr. Uda Bastians
Beigeordnete für Recht und Verwaltung Deutscher Städtetag

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Dieser Text ist erschienen in Städtetag aktuell 5|2025, Schwerpunkt KI in Kommunen

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