Hamburg: KI managt Bürgerbeteiligung

Beteiligung mit interaktiven DIPAS-
Planungstischen
Digitale Bürgerbeteiligung ist in Hamburg gelebte Praxis. Seit 2016 setzt die Stadt das eigens entwickelte Beteiligungssystem DIPAS ein, das Online-Beteiligung mit digitalen Planungstischen verbindet. Bürgerinnen und Bürger verorten ihre Hinweise auf interaktiven Karten; Planungsgrundlagen und Rahmenbedingungen werden über amtliche Geodaten transparent gemacht. Sieben weitere Städte nutzen die Open-Source-Lösung bereits. In Hamburg wurden bereits über 130 Verfahren mit mehr als 50.000 Beiträgen durchgeführt. Die Verfahren bleiben in der Regel online verfügbar und bilden auf diese Weise einen wachsenden Wissensschatz sowohl für die Verwaltung als auch für die Öffentlichkeit.
Mit der Menge an Rückmeldungen steigen jedoch auch die Anforderungen an Moderation und Auswertung. Während der Laufzeit eines DIPAS-Verfahrens sind Inhalte fortlaufend zu prüfen; im Anschluss müssen die Beiträge so aufbereitet werden, dass sie in Planungsprozesse einfließen können. Das erfolgt bislang weitgehend manuell, dauert lange und variiert methodisch. Dabei ist gerade die sorgfältige Auswertung entscheidend. Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass ihre Stimmen nicht nur gesammelt, sondern auch gehört werden.
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DIPAS-Beiträge in Hamburg nach Jahren
Vor diesem Hintergrund initiierten die Hamburger "Stadtwerkstatt" als fachliche Leitstelle für digitale Bürgerbeteiligung in der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen gemeinsam mit dem Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung das KI-Projekt DIPAS_analytics. Das City Science Lab der HafenCity Universität entwickelte als weiterer Projektpartner ein innovatives Design für die Oberflächengestaltung.
"Das System wurde vollständig von Akteuren der öffentlichen Hand entwickelt und fördert damit auch den Aufbau von KI-Kompetenzen in der Verwaltung."
Die zwischen 2023 und 2025 entwickelte Software unterstützt die effiziente Moderation und Auswertung raumbezogener Beteiligungsverfahren mithilfe zweier Module:
Mit dem Live-Dashboard werden laufende DIPAS-Verfahren begleitet. Es zeigt, wie viele Beiträge eingehen, und macht bspw. kontrovers diskutierte Beiträge sowie Beiträge mit hoher Resonanz sichtbar. Außerdem kennzeichnet das Modul Beiträge, die eine Prüfung erfordern – etwa wegen möglicher personenbezogener Angaben. Damit wird die laufende Moderation des Verfahrens vereinfacht.
DIPAS_analytics Insights unterstützt bei der systematischen Auswertung und Aufbereitung der Beiträge. Das Modul extrahiert planungsrelevante Kernaussagen aus Beiträgen und klassifiziert sie entlang fachlicher Taxonomien (z. B. Verkehr, Freiraum, Umwelt) sowie Aussagentypen. Semantisch ähnliche Aussagen werden zu Abwägungsaspekten gebündelt und mit prägnanten Titeln versehen. Der Raumbezug der Beiträge bleibt erhalten, sodass durch die Verknüpfung mit der Hamburger Urban Data Platform das Beteiligungsfeedback zusätzlich im Kontext amtlicher Geodaten analysiert werden kann. Die Projektverantwortlichen behalten stets die Kontrolle: alle Vorschläge der KI können überprüft, angepasst oder neu strukturiert werden ("Human-in-the-Loop").
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Zum Projektabschluss wurden das KI-System im Rahmen einer Fachkonferenz erläutert und diskutiert.
Angela Pfeiffer
Der verantwortungsvolle Einsatz von KI ist Leitprinzip der Entwicklung. Nach EU AI Act gilt DIPAS_analytics als "System mit begrenztem Risiko". Transparenzhinweise und das "Human-in-the-Loop"-Prinzip sind fest verankert und wurden durch ein externes Ethik-Audit evaluiert. Für digitale Souveränität und Datenschutz setzt die Lösung auf quelloffene, in Deutschland betriebene Large-Language-Models (LLMs) sowie Schnittstellen nach Standards des Open Geospatial Consortiums (OGC) – international anerkannte Normen für Geodaten und Webschnittstellen, die die Zusammenarbeit unterschiedlicher Systeme sicherstellen.
DIPAS_analytics wird ab Ende 2025 in Hamburg pilotiert. Da das Projekt unter einer Open-Source-Lizenz entwickelt wurde, werden andere Kommunen das System nach der Pilotierungsphase nachnutzen können. Weitere Informationen werden auf der Projektwebsite dipas.org zur Verfügung gestellt.
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Angela Pfeiffer
Mateusz Lendziński
Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen Freie und Hansestadt Hamburg
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Dieser Text ist erschienen in Städtetag aktuell 5|2025, Schwerpunkt KI in Kommunen
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Metro Hopper – stock.adobe.com
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Zum Schwerpunkt "Künstliche Intelligenz in der kommunalen Praxis" hat der Deutsche Städtetag Best Practices aus den Mitgliedsstädten gesammelt. Vorgestellt werden Beispiele aus den Bereichen Bürgerservice und Verwaltung, Entsorgung und Versorgung, öffentliche Sicherheit, Katastrophenschutz, Stadtentwicklung, Klima und Umwelt sowie Verkehr.
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