"Das Gesetz schafft neue Unsicherheiten"
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Thomas Berberich
"Leider wurde der Gesetzentwurf erneut in letzter Minute verändert. Es bleibt weiter bei der Anordnung des überragenden öffentlichen Interesses für alle ehemaligen Bahngrundstücke.
Die für die Städte problematische Änderung des Gesetzes aus dem Jahr 2023 wird auch mit dem neuen, jetzt noch einmal kurzfristig geänderten Gesetzentwurf nicht komplett korrigiert. Das Gesetz definiert weiterhin nur enge Ausnahmen für eine Freistellung der Flächen für städtische Bauprojekte.
Insbesondere für solche Projekte, bei denen Flächen nicht durch einen Ersatz von alter durch neue Bahninfrastruktur frei werden, bleibt weiterhin unklar, ob eine Freistellung der ehemaligen Bahnflächen für Bauprojekte erfolgen kann. Das Gesetz fordert jetzt außerdem, dass für eine Freigabe der Flächen die Wiederinbetriebnahme einer Strecke nicht verhindert werden darf. Wie das zukünftig ausgelegt wird, ist unklar. So schafft das Gesetz neue Unsicherheiten und könnte damit weiterhin die kommunale Planungshoheit verletzen. Denn um die Freistellung einzelner Flächen abzulehnen, soll die bloße Möglichkeit ausreichen, eine Bahnstrecke zu reaktivieren. Konkrete Planungen oder Anhaltspunkte für eine bevorstehende Wiederinbetriebnahme sind nicht erforderlich.
Die Städte und Gemeinden hätten sich daher eine Gesetzesänderung gewünscht, die allen Beteiligten wieder Rechts- und Planungssicherheit gibt.
Denn die ungenutzten Bahnflächen, die oft mitten in den Städten liegen, haben enorm viel Potenzial. Da kann Wohnraum entstehen oder Seniorenwohnheime, Unigebäude, aber auch Infrastruktur wie Fernbusterminals oder Fahrradparkhäuser an Bahnhöfen. Solche Projekte dürfen nicht scheitern."
Hintergrund
Mit dem vor anderthalb Jahren geänderten Eisenbahngesetz war es unmöglich geworden, nicht mehr genutzte Bahnflächen freizustellen, damit sie für Bauprojekte genutzt werden können. Den Bahnflächen wurde, unabhängig davon, ob sie überhaupt noch genutzt werden könnten, ein ‚überragendes öffentliches Interesse‘ zugemessen. Die Novelle von 2023 war damit ein massiver Hemmschuh für die Stadtentwicklung. Denn städtebauliche Nutzungen wie Wohnen, Gewerbe oder soziale Einrichtungen sind nach jetzigem Stand leider nicht von 'überragendem öffentlichen Interesse'.
Das Eisenbahnbundesamt gab seitdem keine Bahnflächen mehr frei, auch wenn sie schon seit langem nicht mehr benötigt wurden und auch in Zukunft nicht mehr benötigt werden. Das ist besonders dort ein echtes Problem, wo bereits jahrelang geplant worden ist oder schon längst Verträge unterschrieben sind, damit etwa neue Wohnungen auf ehemaligen Bahnflächen entstehen. Der Deutsche Bundestag hat am 26.06.2025 die Regelungen zur Freistellung eines Grundstückes vom Bahnbetriebszweck in § 23 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) erneut geändert. Der Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD zur sechsten Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (BT-Drs. 21/326) wurde dazu in der vom Verkehrsausschuss geänderten Fassung (BT-Drs. 21/642) angenommen.