Corona-Maßnahmen
09.12.2020

"Wir brauchen einen gesunden Stillstand"

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, im Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung

Der Deutsche Städtetag macht sich angesichts der Corona-Krise für einen härteren Lockdown nach Weihnachten stark. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagte der "Saarbrücker Zeitung":

"Ich kann mir gut vorstellen, dass wir dahin kommen, nach Weihnachten das Land herunter-zufahren. Die Zeit nach den Feiertagen ist eine ideale Zeit für einen Lockdown."


Schulen und Kitas seien zu, es gebe Betriebsferien, viele Menschen hätten Urlaub "und shoppen muss man nach Weihnachten auch nicht unbedingt. Ich werbe deshalb für eine Art gesunden Stillstand vom 28. Dezember bis etwa zum 10. Januar", so Dedy. Wegen der hohen Infektions- und Todeszahlen könnten auch die von Bund und Ländern beschlossenen Weihnachts- und Silvesterlockerungen nicht mehr aufrechterhalten werden.

Dedy betonte weiter, bei einem härteren Lockdown müsse der Einzelhandel von Bundes- oder Landeshilfen profitieren. "Allerdings nicht der Lebensmittelhandel, der in der Krise gut verdient hat", so der Hauptgeschäftsführer.

Das Interview im Wortlaut:

Saarbrücker Zeitung: Herr Dedy, ein harter Lockdown wird immer wahrscheinlicher. Wäre der Städtetag einverstanden?

Helmut Dedy: Wir müssen schrittweise vorgehen. Die Lage hat sich in den vergangenen beiden Wochen ja nicht gebessert. Die Weihnachts- und Silvesterlockerungen können deshalb nach meinem Eindruck nicht mehr aufrechterhalten werden. Erstens ist der Zeitraum vom 23. Dezember bis zum 1. Januar zu lang. Zweitens passen gelockerte Kontaktbeschränkungen nicht zur hohen Zahl der Infektionen. Jeden Tag sterben über 400 Menschen in Zusammenhang mit Corona, die Intensivstationen werden immer voller. In dieser Ausnahmesituation ist es nicht die wichtigste Frage, ob wir Silvesterraketen starten lassen können.

Saarbrücker Zeitung: Aber was muss in der Zeit nach Weihnachten passieren?

Helmut Dedy: Ich kann mir gut vorstellen, dass wir dahin kommen, nach Weihnachten das Land herunterzufahren. Die Zeit nach den Feiertagen ist eine ideale Zeit für einen Lockdown.

Saarbrücker Zeitung: Weil ohnehin viele daheim sind?

Helmut Dedy: Genau. Die Schulen und Kitas sind zu, es gibt Betriebsferien, viele Menschen haben Urlaub und shoppen muss man nach Weihnachten auch nicht unbedingt. Ich werbe deshalb für eine Art gesunden Stillstand vom 28. Dezember bis etwa zum 10. Januar. Wichtig ist, dass die Politik schnell Entscheidungen fällt, damit sich alle darauf einstellen können.

Saarbrücker Zeitung: Was würde ein erneuter Lockdown für die Innenstädte bedeuten?

Helmut Dedy: Wir können jetzt nicht sagen, um die Innenstädte zu retten, müssen die Geschäfte geöffnet bleiben. Wir müssen das Virus bekämpfen. Die Probleme beim Einzelhandel in den Innenstädten sind älter als Corona. Deshalb stellt sich umso dringender die Frage, wie die Innenstädte attraktiver gestaltet werden können. Diese Debatte müssen wir im neuen Jahr zwischen allen Akteuren fortsetzen.

Saarbrücker Zeitung: Es gibt Ideen, beispielsweise für Senioren besondere Einkaufszeiten einzuführen. Was halten Sie davon?

Helmut Dedy: Je mehr Regelungen man für einzelne Gruppen macht, desto lebensfremder wird es. Wir brauchen klare, einfache Bestimmungen, die die Menschen verstehen und bei denen sie mitmachen. Die Lebensmittelläden werden auch bei einem Lockdown geöffnet bleiben.

Saarbrücker Zeitung: Braucht der Einzelhandel danach neue Hilfen?

Helmut Dedy: Wir brauchen selbstverständlich die Verlängerung der besonderen finanziellen Hilfen für den Bereich der Gastronomie, der Hotels und der Kultur in den Januar hinein. Und bei einem härteren Lockdown muss der Einzelhandel von Bundes- oder Landeshilfen profitieren. Allerdings nicht der Lebensmittelhandel, der in der Krise gut verdient hat.

Mit freundlicher Genehmigung der Saarbrücker Zeitung, www.saarbruecker-zeitung.de