Daseinsvorsorge in den Städten sichern, wirksame Verbesserungen für gutes Leben liefern

Marktplatz in Gera mit sanierten Häusern und Rathaus.
Die Menschen machen gutes Leben in den Städten an vielfältigen Anforderungen fest: Am Wohnen zu fairen Bedingungen. An kurzen, sicheren Wegen. An schönen öffentlichen Räumen. An gut erreichbaren und attraktiven öffentlichen Einrichtungen. Das sind nicht nur Essentials der Daseinsvorsorge. Das befördert auch den sozialen und räumlichen Zusammenhalt. Voraussetzung dafür ist das Miteinander von engagierten Menschen in der Zivilgesellschaft der Städte, in der Politik und in der Verwaltung. Voraussetzung dafür ist aber auch, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die finanzielle Ausstattung den Städten auch in Zukunft noch ermöglicht, die Daseinsvorsorge zu sichern.
Das Versprechen auf gutes Leben ist in vielen Städten in Gefahr: Baukosten und Mieten entwickeln sich dramatisch. Die Mietpreise drohen den Zusammenhalt zu zerstören. Mietsteigerungen machen das Wohnen für viele Betroffene nicht mehr bezahlbar. Gleichzeitig laufen die Baukosten für private wie öffentliche Bauwillige aus dem Ruder. Viele öffentliche Gebäude, Straßen, Wege, Brücken und Tunnel sind marode und mitunter sogar eine Gefahr. Zudem müssen Bestände nicht nur erneuert, sondern auch Ersatz- oder Neubauten geschaffen werden. Viele Straßen, Wege, Plätze und das öffentliche Grün sind in schlechtem Zustand. Der Umstieg hin zu mehr Öffis stockt mitten in der Transformation. Attraktive neue Mobilitätsangebote sind längst wieder vom Tisch. Erhalt, Erneuerung, Um- und Ausbau bleiben hinter den Bedarfen zurück. Erstmal müssen die Bestandsnetze und ihr Betrieb gesichert werden. Das Ziel, den Anteil der Öffis bis 2030 zu verdoppeln, droht Makulatur zu werden.
Die Städte versuchen mit aller Kraft, die Mängel so wirksam wie möglich zu beheben, die Daseinsvorsorge zu sichern und gute Projekte auf den Weg zu bringen. Sie suchen dafür kreative Lösungen und setzen diese stadt- und projektspezifisch um. Um damit mehr Erfolg zu haben, müssten sie jedoch deutlich mehr selbst entscheiden dürfen, wo, was, wie zu tun oder zu lassen ist. Stattdessen sehen sie sich mehr Regularien denn je gegenüber und trotz des dichten Förderdschungels einer Mittelknappheit. Das schränkt sie in ihren Handlungsmöglichkeiten massiv ein.
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Marktplatz von Goslar.
GOSLAR marketing gmbh / Stefan Schiefer
Daher sind grundlegende Beiträge des Bundes gefordert. Sie machen sich fest an den gesetzlichen Rahmenbedingungen und Finanzmitteln. Und daran, das Wissen und Können der Städte anzuerkennen: Gesetze, Verordnungen, Förderungen und Verfahren müssen sich deutlich mehr an der Expertise der Städte orientieren. Nicht die Städte sollten sich erforderlichen gesetzlichen Regelungen und Förderungen anpassen müssen. Vielmehr müssen diese die Erfordernisse in den Städten berücksichtigen. Sonst können sie die beabsichtigten Wirkungen nicht entfalten. Die Erwartungshaltung der Menschen macht sich an der Wirksamkeit des öffentlichen Handelns fest. Sie schreiben die Auswirkungen falscher Rahmensetzungen, zu geringer Fördermittel oder zu komplizierter Förderbedingungen den Städten zu.
Das muss der Bund ändern! Er ist gefordert, die Rahmenbedingungen für mehr Wohnungen in den Städten zu verbessern. Es muss gelingen, den privaten und öffentlichen Bauwilligen wieder kostengünstigen Wohnungsbau zu ermöglichen und bezahlbare Mieten für alle zu sichern. Das schließt eine Förderung nach Wirkungen genauso ein, wie die Mietpreisbremse und ein effektives Vorgehen gegen überhöhte Mieten. Unnötige Regularien und Standards müssen abgebaut und das Baugesetzbuch mutig novelliert werden. Es muss einen mehr am Gemeinwohl orientierten Ausgleich von privaten und öffentlichen Interessen ermöglichen und bodenpolitisch preisdämpfend wirken.
Der Bund muss die Städtebauförderung verdoppeln und entbürokratisieren. Sie hilft den Städten bei Investitionen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel. Und sie trägt zu einem guten Leben in den Städten bei. Ein guter ÖPNV muss zum Rückgrat der Mobilität in Städten und Regionen werden. Leistung und Qualität von Bus und Bahn müssen verbessert werden. Ein attraktiver öffentlicher Nahverkehr braucht eine dauerhafte, verlässliche Finanzierung. Dafür muss der Bund sich endlich dazu bekennen, neue Wege zu gehen, die unabhängig von den öffentlichen Haushalten eine dauerhafte Finanzierung für Betrieb, Erneuerung und Ausbau der Öffis liefern.
Die Städte sind auf den Bund angewiesen. Aber der Bund auch auf die Städte.
Denn die Städte ermöglichen gesellschaftlichen Zusammenhalt, liefern Leistungen für ihre Regionen und tragen entscheidend dazu bei, unsere Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele erreichen zu können.
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Frank Nürnberger
Beigeordneter Prof. Hilmar von Lojewski,
Leiter des Dezernats Stadtentwicklung, Bauen, Wohnen und Verkehr
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Dieser Text ist erschienen in Städtetag aktuell 1|2025, Schwerpunkt Bundestagwahl