Rechtsanspruch Ganztagsbetreuung Grundschulkinder
07.09.2021

Finanziell bleibt gewaltige Lücke – Städte fordern Ausbildungsoffensive

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, zur Einigung im Vermittlungsausschuss zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder
  • Porträt von Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages

Der Deutsche Städtetag unterstützt den Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Nach der Einigung im Vermittlungsausschuss kritisiert er allerdings die Finanzierung:

Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagt:

"Bund und Länder machen mit dem Rechtsanspruch ein großes Versprechen, aber finanziell bleibt eine gewaltige Lücke von mehreren Milliarden Euro, die die Länder in der Praxis schließen müssen. Diese offene Rechnung darf nicht an die Kommunen weitergereicht werden."

Dedy sagte weiter: "Es wird für die Kommunen äußerst schwierig werden, qualifiziertes Personal für die Ganztagsangebote für zusätzlich rund 1 Million Grundschulkinder zu finden." Er habe Zweifel, ob es gelingt, überall rechtzeitig den Bedarf an Ganztagsbetreuung in der gewünschten Qualität zu erfüllen: "Wir brauchen dringend eine Ausbildungsoffensive der Länder in großem Stil für gut ausgebildetes zusätzliches Personal."

Im Wortlaut sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages:

"Deutschland braucht mehr Betreuungsangebote für Grundschülerinnen und Grundschüler. Die Betreuungslücke für Kinder im Übergang von Kita und Schule zu schließen, entspricht den Bedürfnissen vieler Familien. Und es verbessert die Bildungschancen der Kinder.

Damit die Eltern tatsächlich genügend Betreuung und Förderung für ihre Kinder bekommen, muss aber auch die Finanzierung stimmen. Da bleiben Fragen offen: Bund und Länder machen ein großes Versprechen, aber finanziell bleibt eine gewaltige Lücke, die die Länder in der Praxis schließen müssen. Vollständig finanziert ist der Rechtsanspruch nicht, den Bundestag und Bundesrat jetzt verabschieden wollen – auch wenn der Bund noch eine Schippe draufgelegt hat. Bei den Investitionskosten fehlen 4 Milliarden Euro und bei den jährlichen Betriebskosten mehr als 3 Milliarden. Diese offene Rechnung darf nicht an die Kommunen weitergereicht werden. Denn in den Ländern gilt das Prinzip 'Wer bestellt, bezahlt'. Die Länder sind also in der Pflicht.

Es wird für die Kommunen äußerst schwierig werden, qualifiziertes Personal für die Ganztagsangebote für zusätzlich rund 1 Million Grundschulkinder zu finden. Schon jetzt suchen viele Städte händeringend nach Erzieherinnen und Erziehern und Sozialpädagogen. Der Zeitplan für den Rechtsanspruch ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahren realistischer geworden. Es wird aber ein großer Kraftakt aller Beteiligten nötig sein. Angesichts der aktuellen Lage beim Personal habe ich Zweifel, ob es gelingt, überall rechtzeitig den Bedarf an Ganztagsbetreuung in der gewünschten Qualität zu erfüllen. Wir brauchen dringend eine Ausbildungsoffensive der Länder in großem Stil für gut ausgebildetes zusätzliches Personal."

Weitere Informationen:

Notwendig sind nach einer Studie des Deutschen Jugendinstituts zusätzliche Betreuungs- und Förderangebote für rund 1 Million Grundschulkinder. Das erfordert Investitionskosten von rund 7,5 Milliarden Euro. Bei voll ausgebautem Angebot werden zusätzliche Betriebskosten von jährlich 4,45 Milliarden Euro anfallen.

Der Bund will bis zu 3,5 Milliarden Euro für Investitionen für den Ausbau von Ganztagsgrundschulen und Horten bereitstellen. Für die Betriebskosten sagt er ab dem Jahr 2030 jährlich 1,3 Milliarden Euro zu. Die Bundesbeteiligung an den Betriebskosten beginnt im Jahr 2026 und wächst jährlich bis zum Jahr 2030.


Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder: Helmut Dedy in der tagesschau vom 8. September 2021

Gegenüber der tagesschau bekräftigte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, die Forderung der Städte nach finanzieller Unterstützung bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs.

Im Wortlaut sagte Helmut Dedy:

"Wir müssen in den Städten Räume zur Verfügung stellen. Wir brauchen Personal. Also da liegt noch eine lange Wegstrecke vor uns und die auszufüllen, das schaffen wir nicht alleine."