"Kostensteigerungen zwingen städtische Haushalte in die Knie"
dbb magazin: "Die Städte und Gemeinden sind die kleinsten und zugleich wichtigsten Einheiten der Demokratie", heißt es in Ihrer Hannoverschen Erklärung aus dem Frühjahr. Und weiter: "Bund und Länder sind in der Pflicht, die Gestaltungskraft der Städte wiederherzustellen." Wie kann das gelingen?
Christian Schuchardt: Wenn die Menschen keinen Termin im Bürgeramt bekommen, wenn die Sanierung der Schule Jahr für Jahr verschoben wird oder wenn die Mieten immer weiter steigen, weil zu wenig bezahlbare Wohnungen gebaut werden, dann werden die Städte nicht mehr als Gestalter, sondern als Mangelverwalter wahrgenommen. Dann schwindet auch das Vertrauen in die Demokratie. Wir müssen deshalb an mehreren Stellschrauben ansetzen. Und ja, ein e große Stellschraube sind die kommunalen Finanzen.
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Thomas Berberich
Im vergangenen Jahr mussten die kommunalen Haushalte ein Rekorddefizit von 25 Milliarden Euro verzeichnen. Vor allem die Sozialkosten laufen uns davon. Da haben wir inzwischen Kosten steigerungen von über zehn Prozent im Jahr. Das zwingt jeden städtischen Haushalt absehbar in die Knie.
Wir brauchen für diese Aufgaben, die wir in der Regel für den Bund übernehmen, endlich den entsprechenden finanziellen Ausgleich. Mehr Gestaltungskraft für die Städte heißt vor allem auch, dass wir wieder die finanziellen Spielräume haben, um zu handeln, um zu investieren, um gute Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger zu leisten.
dbb magazin: Und neben dem Geld?
Christian Schuchardt: Bund und Länder müssen wieder mehr Vertrauen in die Kompetenz der Städte haben. Viele Projekte könnten viel schneller laufen als heute, wenn wir mehr eigene Entscheidungsfreiheit hätten. Das fängt schon bei Fördergeldern an. Wir sagen: Gebt uns doch lieber ein festes Budget, statt komplizierte Förderprogramme mit detaillierten Nachweispflichten aufzulegen. In vielen Bereichen muss es einfach mehr Beinfreiheit geben. Vom Straßenverkehrsrecht bis zum Baurecht.
Der „Bauturbo“ der Bundesregierung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung: Verfahren einfacher und schneller machen.
dbb magazin: Die Städte und Gemeinden ächzen unter der Last der kommunalen Pflichtaufgaben, vielen bleibt kaum noch Raum zur Gestaltung. Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat hat vorgeschlagen, bestimmte Dienstleistungen zu zentralisieren. Wie stehen Sie dazu?
Christian Schuchardt: Das teilen wir. Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat nimmt in ihrem Abschlussbericht Bezug auf unsere "Dresdner Forderungen". Darin haben wir diesen Ansatz beschrieben:
Aufgaben, bei denen die Kommunen praktisch gar keinen eigenen Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum haben und die sich gut digital und standardisiert bearbeiten lassen, können auch zentral von den Ländern oder vom Bund übernommen werden. Das können zum Beispiel die Anträge auf Wohngeld oder Elterngeld sein.
Jedenfalls könnten zentrale Verfahren bereitgestellt werden. Dann können sich die Städte und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder auf das konzentrieren, was sie am besten können: vor Ort gestalten und das Leben für die Menschen in der Stadt besser machen.
Das vollständige Interview mit Christian Schuchardt lesen in Ausgabe 9 des dbb Magazins.