Hauptausschuss
01.07.2021

Strategie in der Corona-Pandemie – Test und Impfen

Beschluss des Hauptausschusses des Deutschen Städtetages
  1. Die Städte und ihre Bürgerinnen und Bürger haben über einen langen Zeitraum Kraft zur Bewältigung der Pandemie aufgewandt und Entbehrungen in Kauf genommen. Es stimmt hoffnungsfroh, dass die Infektionszahlen rapide sinken. Der Hauptausschuss warnt jedoch davor, sich zu schnell in Sicherheit zu wiegen. Die Pandemie ist noch nicht vorbei. Es bleibt gerade mit Blick auf ansteckendere Virus-Mutationen unbedingt notwendig, die AHA-Regeln und Hygienevorschriften einzuhalten. Die Gefahr einer vierten Welle nach dem Sommer muss durch präventive Maßnahmen bereits jetzt minimiert werden.
     
  2. Dabei spielt der Umgang mit Reiserückkehrern eine wesentliche Rolle. Für den Hauptausschuss steht außer Frage, dass das Reisen und Ferienaufenthalte im Ausland möglich sein müssen. Er hält es zugleich für dringend erforderlich, auf akute Entwicklungen, wie steigende Inzidenzen oder neue Virusvarianten, sofort zu reagieren. Anforderungen zur Testpflicht und Quarantäne für Reiserückkehrer müssen in der Einreise-Verordnung des Bundes frühzeitig angepasst werden. Die Einstufungen der Länder in Risiko- oder Hochrisikogebiete müssen sorgfältig und dynamisch angepasst werden.
     
  3. Die bestehenden Corona-Verordnungen in den Bundesländern sind eine gute Grundlage für den Umgang mit dem Infektionsgeschehen vor Ort. Der Hauptausschuss hält dennoch eine Verständigung auf nationaler Ebene für die Durchführung von Großveranstaltungen für notwendig. Er appelliert zudem an Bund und Länder, schon jetzt eine abgestimmte Haltung und entsprechende Maßnahmen für die Rückkehr in die Schulen und Kitas nach dem Sommer zu entwickeln. Überraschungen und Durcheinander zeugen nicht von einer guten und vorausschauenden Politik.

    3a. Junge Menschen haben sich in der Corona-Epidemie solidarisch mit den Älteren und Schwachen gezeigt. Sie haben sich an Corona-Beschränkungen gehalten, die in diesem Lebensalter die Lebensqualität in besonderer Weise beeinträchtigten. Nun ist es an der Zeit, jungen Erwachsenen die Möglichkeit zu geben, sich in größerer Zahl zu treffen, Freude zu haben und Lebensqualität zurück zu bekommen. Auch sollten entsprechende Angebote für Jugendliche ermöglicht werden. Einige Städte haben hierfür bereits Konzepte erarbeitet. Die Bundes- und Landesregierungen sind gefordert, die rechtlichen Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass sie diese Konzepte ermöglichen.
     
  4. Das Impfen ist der Schlüssel, um die Pandemie zu bewältigen. Die Städte nehmen die Fortschritte der Impfkampagne positiv wahr. Das Impftempo muss weiter erhöht werden, um so schnell wie möglich die notwendige Herdenimmunität zu erreichen. Deshalb appellieren die Städte an den Bund, eine ausreichende Impfstoffversorgung bereitzustellen, um zügig Erst- und Zweitimpfungen in nennenswerter Zahl bereitzustellen. Dabei braucht es eine klare und frühzeitige Kommunikation zur Verfügbarkeit von Impfstoff. Zu häufig wurden den Menschen zuletzt Hoffnungen auf eine baldige Impfung gemacht, die dann mangels Impfstoffs enttäuscht wurden.
     
  5. Die Impfkampagne darf nicht abbrechen, wenn allen Impfwilligen ein Impfangebot gemacht werden konnte. Die Städte halten es für dringend notwendig, für Impfungen zurückhaltende Menschen gezielt niedrigschwellig anzusprechen. Zugleich hält der Hauptausschuss es für richtig, weitere Anreize für Impfungen zu setzen. Die Empfehlung der STIKO zur Impfung von 12- bis 16-jährigen Kindern nimmt der Hauptausschuss zur Kenntnis.
     
  6. Der Hauptausschuss würdigt besonders die zentrale und erfolgreiche Rolle der kommunalen Impfzentren. Deren Bedeutung hat sich durch den Wegfall der Impfpriorisierung und die Öffnung für niedergelassene Ärztinnen und Betriebsärzte verändert. Die Städte fordern Bund und Länder auf, eine abgestimmte und verbindliche Entscheidung über die Zukunft der Impfzentren zu treffen. Die Städte lehnen es ab, eventuell heruntergefahrene Impfzentren im Notfall kurzfristig wiederaufzubauen.
    Es braucht eine Neuordnung der Impfstrukturen zur Bekämpfung der COVID-19 Infektionen. Perspektivisch müssen nicht alle großen Impfzentren weiterbetrieben werden. Im Fokus des öffentlichen Gesundheitsdienstes werden die schwer erreichbaren Menschen und besondere Einrichtungen wie Pflegeeinrichtungen stehen. Das Verhältnis zwischen dem ÖGD und den Kassenärztlichen Vereinigungen muss hierfür neu austariert werden. Die Städte erwarten überdies eine transparente aufwandsgerechte Kostenerstattung für den Betrieb der Impfzentren.
     
  7. Der Hauptausschuss betont die Bedeutung des Corona-Bürgertests als wichtigen Teil der Pandemiebekämpfung. Abrechnungsbetrug muss konsequent verfolgt und bestraft werden. Die Städte sind bereit, die Qualitätssicherung bei Zulassung und Betrieb von Teststellen zu verstärken. Es ist richtig, dass die Abrechnungskontrolle in der Verantwortung der Kassenärztlichen Vereinigungen liegt. Auch ist es richtig, dass die Testverordnung des Bundes zur Höhe abrechenbarer Kosten nach unten angepasst wurde. Gegenwärtig nimmt die Anzahl der Teststellen stark ab. Bund und Länder müssen sicherstellen, dass bei Bedarf eine Infrastruktur wieder zügig aufgebaut wird, die flächendeckend Tests in guter Qualität anbietet ohne betrugsanfällig zu sein.
     
  8. Ein Leben in der Pandemie bedeutet für den Alltag der Menschen derzeit, die Regeln von Abstand, Maskenpflicht und Hygienemaßnahmen zu leben. Dies darf kein Dauerzustand bleiben, ein Leben ohne Maske und Abstand muss das Ziel sein. Unter freiem Himmel und bei stabil geringer Inzidenz wird die Notwendigkeit sinken, eine Maske zu tragen. Der Hauptausschuss appelliert an die Menschen, sich weiterhin verantwortungsvoll zu verhalten. Deswegen muss es vornehmliches Ziel des politischen Handelns sein, die Herdenimmunität zu erreichen. Auch digitale Lösungen für ein Leben mit Corona müssen weiter vorangebracht werden.
     
  9. Die Erfahrungen und das Lernen aus der Pandemie sind elementar, um für künftige Krisen gewappnet zu sein. Auch auf kommunaler Ebene müssen Resilienzstrategien erarbeitet werden. Dies bedarf eines strukturierten Prozesses. Hierzu gehört auch eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit digitalen Lösungen und dem zukünftigen Verhältnis der kassenärztlichen Vereinigung und der Kommunen. Die Hauptgeschäftsstelle wird bis zum Herbst konkrete Vorschläge erarbeiten.