Europa und Internationales
14.12.2023

Europa News 6|2023

Die aktuelle Ausgabe widmet sich u. a. das Arbeitsprogramm der Kommission 2024, Vorläufige Einigung über EU-Gebäuderichtlinie ("EPBD") und Initiativen zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität, Menschenhandel und irregulärer Migration

Die Europa News des Deutschen Städtetages berichten über Neuigkeiten aus der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union sowie dem Ausschuss der Regionen, die aus kommunalpolitischer Perspektive interessant sind. Die aktuelle Ausgabe lesen Sie hier.

Inhaltsverzeichnis

Institutionelles
  • Arbeitsprogramm der Kommission 2024
  • Jahresbericht und Rede zur Lage der Regionen und Städte 2023
Migration
  •  

    Initiativen zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität, Menschenhandel und irregulärer Migration

     

Energie
  • Einigung zur Änderung der Gasbinnenmarktrichtlinie und -verordnung

  • Vorläufige Einigung über EU-Gebäuderichtlinie ("EPBD")

Stadtentwicklung

  • Einigung auf neue EU-Anforderungen für die kurzfristige Vermietung von Unterkünften
  • Gijón-Erklärung zu bezahlbarem Wohnraum

Verkehr

  • Europäische Fahrraderklärung

 

Umwelt

  • Einigung über strengere Abfallregelungen

Digitales

  • Politische Einigung zum Gesetz über künstliche Intelligenz

  • Data Act: Einigung auf neue Vorschriften für fairen Datenzugang und Datennutzung

  • Einigung über effizientere digitale öffentliche Dienste in der gesamten EU

Soziales

  • Politische Instrumente zur Bewältigung des demografischen Wandels

Tipps und Hinweise

  • 10. Europäisches Gipfeltreffen der Regionen und Städte in Mons

In eigener Sache

  • An unsere Leserinnen und Leser
Anhang
  • Auswahl öffentlicher EU-Konsultationen

Institutionelles

Arbeitsprogramm der Kommission 2024

Am 17. Oktober 2023 hat die Europäische Kommission ihr Arbeitsprogramm für 2024 mit dem Titel "Heute handeln und auf morgen vorbereiten" veröffentlicht. Darin werden die geplanten nicht-verbindlichen Initiativen und legislativen Vorschläge angekündigt. DieMitteilung zum Arbeitsprogramm wird begleitet von vier Anhängen

Die Kommission sieht ihre Rolle in den nächsten Monaten vor allem als Unterstützerin des Europäischen Parlaments und des Rates der EU, um Einigungen über die wichtigesten Vorschläge zu erleichern, damit sie vor allem Parlamentswahlen im Jahr 2024 in EU-Recht umgesetzt werden können. Anhang Nr. 2 bietet einen Überblick über 154 anhängige vorrangige Vorschläge, die bereits von der Kommission angenommen wurden und sich derzeit noch im europäischen Gesetzgebungsverfahren befinden.

Anhang Nr. 1 des Arbeitsprogrammes enthält eine tabellarische Übersicht über die angekündigten 15 konkreten Initiativen. Aus kommunaler Sicht sind folgende Initiativen besonders hervorzuheben:

  • Mitteilung zur Vorbereitung der EU-Erweiterung: Die Kommission wird erste Prüfergebnisse mitteilen, die im Vorfeld einer Erweiterung durchgeführt werden müssten. Es soll überprüft werden, wie sich eine größere Union auf die EU-Politiken auswirken wird und wie sich die europäischen Institutionen dann verändern würden. Aus kommunaler Sicht interessant wären u.a. Erkenntnisse über Folgen für den EU-Haushalt, die Binnenmigration oder die künftige Verteilung der Kohäsionsmittel.
  • Klimaziel für 2040: Der Vorschlag für ein Klimaziel 2040 ergibt sich aus der Klimaschutzverordnung (EU) 2021/1119), nach dem die Kommission das neue EU-Klimazwischenziel für 2040 im April 2024 vorlegen muss. Die Kommission möchte dabei die Ergebnisse des Klimagipfels COP28 berücksichtigen. Das Klimaziel 2040 soll dann ein Zwischenziel auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2050 sein. Wichtig wäre für die Kommunen bei der Gestaltung des Klimaziels 2040 besser zu berücksichtigen, dass die kommunale Ebene viele der gerade erst beschlossenen Maßnahmen aus dem Europäischen Green Deal umsetzen muss.
  • Sozialer Dialog: Wie Präsidentin Von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union am 13. September 2023 angekündigt hat, möchte die Kommission im kommenden Jahr gemeinsam mit der belgischen Ratspräsidentschaft einen Gipfel mit den Sozialpartnern in Val Duchesse, Belgien, einberufen. Dort hatte vor vierzig Jahren Kommissionspräsident Jacques Delors den europäischen sozialen Dialog begonnen. Zu den europäischen Sozialpartnern gehört auch der europäische RGRE (CEMR) als Vertreter der Kommunal- und Regionalbehörden. Die Kommission erhofft sich Expertise zur Bewältigung des Fach- und Arbeitskräftemangels und zu den neuen Herausforderungen für den Arbeitsmarkt, die durch künstliche Intelligenz entstehen. Im Arbeitsprogramm werden Folgemaßnahmen in Bezug auf den angekündigten Gipfel der Sozialpartner angekündigt.

Ein weiterer Schwerpunkt des Arbeitsprogrammes für das kommende Jahr ist der Bürokratieabbau und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Die Kommission will zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit die Berichtspflichten um 25 Prozent reduzieren und so besonders auch kleine und mittlere Unternehmen entlasten. Dazu enthält das Programm 26 Vorschläge und Initiativen zur Rationalisierung der Berichtspflichten. In Anhang Nr. 2 nennt die Kommission 26 Initiativen zur Reduzierung der Berichtspflichten und damit des Verwaltungsaufwandes für europäische Unternehmen.

(fia)

Jahresbericht und Rede zur Lage der Regionen und Städte 2023

Am 9. Oktober 2023 hat der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) seinen Jahresbericht zur Lage der Regionen und Städte veröffentlicht. Der Bericht beschreibt die aktuellen Herausforderungen für die Regionen und Städte und den Umgang mit diesen. Er ist als Entscheidungshilfe für politische Beschlüsse der EU gedacht. Im Rahmen der Veröffentlichung des Berichts, die in die Europäische Woche der Regionen und Städte fiel, hielt der Präsident des AdR, Vasco Alves Cordeiro, eine Rede und stellte die wichtigsten Erkenntnisse und Forderungen vor.

Besonders hervorgehoben wurde die Rolle der Regionen und Städte als Ersthelfer in Krisen und erste bürgernahe Ebene, die es zu stärken gelte. Zur Umsetzung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen brauche es daher eine stärkere Einbindung der lokalen und regionalen Behörden in die Gestaltungs- und Entscheidungsprozesse. Dies gelte auch für die EU-Erweiterungsvorhaben und die Ukraine-Fazilität, die einer starken lokalen und regionalen Komponente bedürfen, so AdR-Präsident Cordeiro. In diesem Zusammenhang wird der Vorschlag einer Überarbeitung der EU-Kohäsionspolitik gefordert. Diese müsse flexibel, berechenbar, partnerschaftlich und in gemeinsamer Verantwortung gestaltet werden. Flexibilität und Berechenbarkeit bedeute, dass sie die langfristigen Investitionen und den Strukturwandel fördert und reaktiv sein könne, ohne jedoch ein Krisenfonds zu werden.

Ein neuer Ansatz der Partnerschaft soll den lokalen und regionalen Behörden mehr Mitsprache ermöglichen. Im Rahmen der gemeinsamen Verantwortung schlägt der AdR vor, die Kohäsionspolitik auf mögliche Maßnahmen zur Vereinfachung und schnelleren Umsetzung zu überprüfen und dabei die Wiederaufbau- und Resilienzfazilität als Vorbild zu nehmen. Zuletzt hob AdR-Präsident Cordeiro die Rolle lokaler Mandatsträgerinnen und Mandatsträger hervor. Er betonte, dass insbesondere auf die Europawahlen im kommenden Jahr bezogen das Engagement und die Unterstützung dieser Ebene maßgeblich das demokratische Fundament und das Verständnis für politische Entscheidungen stärken.

(reh)

Migration

Initiativen zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität, Menschenhandel und irregulärer Migration

Am 28. November 2023 präsentierte die Europäische Kommission zwei neue Gesetzesinitiativen, die auf die Bekämpfung von Schleuserkriminalität und Menschenhandel abzielen.

Mit der Richtlinie zur Festlegung von Mindestvorschriften zur Verhinderung und Bekämpfung der Erleichterung der unbefugten Einreise, Durchfuhr und des Aufenthalts in der Union wird eine wirksame Verfolgung organisierter krimineller Netzwerke durch überarbeitete und klare Begriffsdefinitionen angestrebt. Zudem sollen die Strafen harmonisiert werden und dabei die Schwere der Straftat widerspiegeln. Geplant ist auch, die Gerichtsbarkeit der Mitgliedstaaten  auszuweiten, wobei humanitäre Hilfe und bestehende Rettungsverpflichtungen nicht kriminalisiert werden. Zuletzt sollen die Mitgliedsstaaten ausreichend Ressourcen und Kapazitäten zur Umsetzung bereitstellen und die jährliche Datenerfassung und -berichterstattung sicherstellen.

Die vorgeschlagene Verordnung zur Stärkung der polizeilichen Zusammenarbeit bei der Verhütung, Aufdeckung und Untersuchung von Schleusung und Menschenhandel von Migranten soll die Rolle von Europol und die behördenübergreifende Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Schleuserkriminalität und Menschenhandel stärken. Dazu schlägt die Kommission vor, das Europäische Zentrum zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität auszubauen sowie den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten und Europol zu verstärken. Vorgeschlagen wird zudem eine Aufstockung der finanziellen Mittel für Europol und das Entsenden zusätzlicher nationaler Beamte zur Durchführung von Europol-Missionen.

Das Verhindern von Schleuserkriminalität ist auch eines der Ziele des neuen EU-Aktionsplans für die östliche Mittelmeerroute, der am 18. Oktober von der Europäischen Kommission vorgestellt wurde. Insgesamt umfasst der Plan kurzfristige Maßnahmen zur Verhinderung irregulärer Ausreisen, zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität, zur Schaffung legaler Wege, zur Verbesserung der Grenzverwaltung und Aufnahmekapazitäten sowie Unterstützung bei der Rückkehr und Rückführung.

Eine langfristige und nachhaltige Lösung zur Steuerung der Migration soll weiterhin durch das Migrations- und Asylpaket erreicht werden. Mehrere Legislativvorschläge im Rahmen des Pakets müssen noch verabschiedet werden. Während sich der Rat der EU bereits auf eine gemeinsame Position bezüglich der Instrumentalisierung von Migranten geeinigt hat, wurde dem zuständigen LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments am 28. November ein erster Berichtsentwurf des Berichterstatters vorgelegt. Andere Initiativen befinden sich bereits in den inter-institutionellen Verhandlungen zwischen Rat und Parlament, u.a. zu Grenzverfahren. Diesbezüglich hat das Parlament einer grundsätzlichen Verpflichtung zu Grenzverfahren zugestimmt, wobei weiterhin Ausnahmen für bestimmte Personengruppen gelten sollen. Bezüglich dieses und weiterer umstrittener Punkte brachten umfassende inter-institutionelle Verhandlungen am 7. Dezember wenig Fortschritt, weshalb weitere Gespräche zwischen Rat und Parlament für den 18. Dezember angesetzt wurden.

 (reh)

Energie

Einigung zur Änderung der Gasbinnenmarktrichtlinie und -verordnung

Das Europäische Parlament und der Rat einigten sich am 28. November 2023 auf Änderungen an der Gasbinnenmarkt-Richtlinie und -Verordnung als Teil der Initiativen zur Dekarbonisierung des Gassektors und der Förderung des Wasserstoffhochlaufs. Zentrale Punkte betreffen die eigentumsrechtliche Trennung des Wasserstoff- und Gasnetzes auf Verteilnetzebene sowie Regelungen für Anbieterwechsel und Beihilfe.

Die EU-Institutionen sprachen sich gegen kritische Vorschläge zur eigentums- und gesellschaftsrechtlichen Trennung des Wasserstoff- und Gasnetzes auf Verteilnetzebene aus. Die neuen Vorgaben gelten nun für Fernleitungsnetzbetreiber. Die Mitgliedsstaaten können jedoch auf Grundlage einer öffentlich zugänglichen Kosten-Nutzen-Analyse und einer Genehmigung der Regulierungsbehörde Ausnahmen von der Regelung zulassen. Parlament und Rat haben sich auf dieselben vertikalen Entflechtungsregeln (rechtliche und operative Entflechtung zwischen Erzeugung, Netzen und Versorgung) für Wasserstoff- und Gasverteilnetzbetreiber geeinigt. Die nun beschlossenen Änderungen entsprechen den Forderungen, die der Deutsche Städtetag gemeinsam mit anderen Verbänden bereits im vergangenen Jahr in einem Verbändebrief an Mitglieder des Europäischen Parlaments formuliert hat. Kommunale Energieversorger dürfen so die Gasnetzinfrastruktur für Wasserstoff ertüchtigen und nutzen.

Zudem müssen die Mitgliedsstaaten künftig sicherstellen, dass ein Anbieterwechsel für Verbraucherinnen und Verbraucher in nichtdiskriminierender Weise möglich ist und letztere bei einer möglichen Stilllegung des Gasnetzes oder Umwidmung in ein Wasserstoffnetz geschützt werden. Zuletzt einigten sich die EU-Institutionen auf eine De-Minimis-Ausnahme bei der Anwendung der rechtlichen Entflechtung von Gas- und Wasserstoff-Verteilnetzbetreiber, wonach künftig alle Gas- und Wasserstoffverteilnetzbetreiber mit insgesamt weniger als 100.000 angeschlossenen Kunden wie bewährt unter die De-Minimis-Ausnahmeregel fallen.

Die politische Einigung muss nun noch formal vom Europäischen Parlament und dem Rat der EU angenommen werden. Die Richtlinie wird voraussichtlich im ersten Quartal 2024 in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten haben dann zwei Jahre Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.

(reh)

Vorläufige Einigung über EU-Gebäuderichtlinie ("EPBD")

Am 7. Dezember fanden Verhandlungsführer vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission eine vorläufige politische Einigung über die Richtlinie. Der konkrete Gesetzestext liegt derzeit noch nicht vor.

Nachdem was von der Einigung bekannt ist, können die Mitgliedsstaaten ihren nationalen Sanierungsfahrplan eigenständig festlegen. In den Blick sollen dabei prioritär die Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz genommen werden. Bestehende Gebäude sollen bis 2050 in Nullemissionsgebäude umgebaut werden. Es soll Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz von Nichtwohngebäuden geben, welche auch die öffentlichen Gebäude betreffen. Demnach sollen die Mitgliedsstaaten zur Renovierung von 16 Prozent der am wenigsten energieeffizienten Nichtwohngebäude bis 2030 verpflichtet werden, bis 2033 soll sich der Wert dann auf 26 Prozent steigern.

Für Wohngebäude wurde ein anderer Ansatz gewählt: die Mitgliedstaaten müssen Maßnahmen ergreifen, um den durchschnittlichen Primärenergieverbrauch bis 2030 um mindestens 16 Prozent und bis 2035 um mindestens 20 bis 22 Prozent zu senken. 55 Prozent der Energieeinsparungen müssen durch die Renovierung der Gebäude mit den schlechtesten Werten erreicht werden.

Bis spätestens 2030 sollen alle neuen Gebäude Nullemissionsgebäude sein sollten. Alle neuen öffentlichen Gebäude müssen das Ziel der Nullemission bis 2028 erfüllen. Nach der Einigung dürfen neue Wohn- und Nichtwohngebäude am Standort keine Emissionen aus fossilen Brennstoffen mehr aufweisen. Derzeit ist aber noch nicht klar, welchen weiteren Anforderungen das Nullemissionsgebäude genügen muss.

Historische Gebäude, Gotteshäuser und Gebäude, die für religiöse Aktivitäten genutzt werden, freistehende Gebäude mit einer Fläche von weniger als 50 m2, Ferienhäuser und Wohngebäude mit begrenzter Nutzungsdauer und reduziertem Energieverbrauch, Militärgebäude, Industrieanlagen, Werkstätten und landwirtschaftliche Nichtwohngebäude können von den Verpflichtungen ausgenommen werden.

Schrittweise sollen Solartechnologien u.a. in öffentlichen Gebäuden und Nichtwohngebäuden bis 2030 eingeführt werden. Bis 2040 soll zudem die schrittweise Abschaffung von Heizkesseln für fossile Brennstoffe zum Heizen und Kühlen vollzogen sein.

Die politische Einigung muss nun in einen finalen Gesetzestext übertragen werden, der dann von Rat und dem Europäischen Parlament gebilligt werden muss, bevor er im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden kann.

(fia)

Stadtentwicklung

Einigung auf neue EU-Anforderungen für die kurzfristige Vermietung von Unterkünften

Am 16. November 2023, rund ein Jahr nachdem die Kommission eine Verordnung für sogenannte  kurzfristige Mietverhältnisse vorschlug, konnten sich die Verhandelnden von Rat und Parlament auf einen Gesetzestext verständigen.

Konkret enthält die neue Verordnung Regeln über die Erhebung und den Austausch von Daten im Zusammenhang mit der kurzfristigen Vermietung von Unterkünften. Bisher haben sich Vermietungsplattformen oft geweigert, Daten an Behörden weiterzugeben, was die Durchsetzung lokaler Vorschriften erschwert hat. Die neue Verordnung setzt dem ein Ende und stärkt damit lokale und regionale Vorgaben für Vermieter kurzfristiger Mietverhältnisse.

Die neuen Regeln werden den Behörden, die sich mit den Auswirkungen von Kurzzeitvermietungen auf lokale Gemeinden befassen wollen, wichtige Informationen liefern. Die Verpflichtungen zum Datenaustausch für Plattformen werden an die kleinsten Akteure angepasst. Nach Inkrafttreten der Verordnung haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, um die Mechanismen für den Datenaustausch einzurichten. Diese Mechanismen werden mit Unterstützung der Kommission bereits vorbereitet.

(fia)

Gijón-Erklärung zu bezahlbarem Wohnraum

Die für Wohnen und Stadtentwicklung zuständigen EU-Ministerinnen und -Minister trafen sich am 13. und 14. November 2023 im spanischen Gijón und verabschiedeten eine gemeinsame Erklärung. In dieser betonten die Ministerinnen und Minister die Bedeutung von angemessenem und bezahlbarem Wohnraum und nachhaltiger, gesundheitsfördernder und barrierefreier Stadtplanung. Zudem wurde die "Urbane Agenda für die EU" um zwei weitere Vorschläge für Thematische Partnerschaften ergänzt:  Wassersensible Städte und Dekarbonisierung des Wohnraums.

Diese neuen Themen sollen 2024 einer Ex-ante-Bewertung unterzogen werden, als ersten Schritt, um als mögliche neue thematische Partnerschaften der Städteagenda für die EU zu starten. Unter das Thema Wassersensible Städte fällt das Konzept der Schwammstadt, das es ermöglicht, sich auf Extremwetterereignisse, die Gefahr von Überschwemmungen und Probleme der Wasserknappheit einzustellen. Unter dem Thema Dekarbonisierung des Wohnraums spielt auch die lokale Wärme- und Kältepläne eine Rolle.

In der gemeinsamen Erklärung heben die Ministerinnen und Minister den Mangel an bezahlbarem Wohnraum hervor, von dem insbesondere Menschen mit mittlerem und niedrigem Einkommen betroffen sind. Strategien zur angebotsorientierten Schaffung von Wohnraum sollten sich an lokalen städtischen und ländlichen Gegebenheiten orientieren, wobei die Alterung der Bevölkerung und eine Verringerung der Haushaltsgröße als übergeordnete Herausforderungen genannt werden. Vor diesem Hintergrund wird in der Erklärung die Notwendigkeit eines gemeinsamen Mehr-Ebenen-Ansatzes der europäischen, nationalen und lokalen Ebene betont. Weiterhin werden die Mitgliedsstaaten dazu aufgerufen, verfügbare EU-Mittel zu nutzen, nationale Finanzierungs- und Förderungssysteme zu verbessern und Regulierungsinstrumente, beispielsweise hinsichtlich Kurzzeitvermietung, zu stärken. 

(reh/ fia)

Verkehr

Europäische Fahrraderklärung

Mit dem Vorschlag der EU-Kommission für eine Europäische Erklärung zum Radverkehr, der am 4. Oktober 2023 veröffentlicht wurde, soll das Radfahren als nachhaltiges, zugängliches und integratives, erschwingliches und gesundes Verkehrsmittel anerkannt werden. Der Vorschlag enthält Grundsätze zur Förderung des Radverkehrs, an denen sich künftige Maßnahmen in der EU orientieren sollen. Die vorgeschlagene Erklärung steht im Kontext weltweiter Bemühungen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr und dem Ziel der Klimaneutralität. Konkret werden acht Schwerpunkte genannt und zusätzliche Bemühungen in diesen Bereichen vorgeschlagen:

  • Entwicklung und Stärkung der Radverkehrsstrategien und -politik
  • Inklusive, bezahlbare und gesunde Mobilität mit dem Fahrrad
  • Umfangreichere und bessere Radverkehrsinfrastruktur
  • Zusätzliche Investitionen zur Förderung des Radverkehrs im Rahmen bestehender EU-Förderinstrumente
  • Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr
  • Förderung von Arbeitsplätzen und der europäischen Fahrradindustrie
  • Stärkung der Multimodalität und des Fahrradtourismus
  • Verbessern der Datenerfassung des Radverkehrs

Die rechtlich nicht-bindende Erklärung ist auch eine Reaktion der Europäischen Kommission auf eine Resolution des Europäischen Parlaments zur Entwicklung einer Strategie der EU für den Radverkehr vom 16. Februar 2023. Darin fordert das Parlament zusätzlich zu den Schwerpunkten der Kommission explizit auch ein stärkeres Engagement der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften.

Für die lokale und regionale Ebene hat die Stärkung des Radverkehrs Auswirkungen auf die Stadtentwicklung, insbesondere im Rahmen der neuen Generation an Plänen für nachhaltige urbane Mobilität ("Sustainable Urban Mobility Plans"). Jedoch enthält die Erklärung keine Ermächtigungen für diese Ebene zur Umsetzung der Vorhaben, welche zudem gebietsübergreifend zu betrachten sind. Die diesbezüglich in der EU häufig bestehenden Unklarheiten zur Zuständigkeit und Umsetzungsverantwortung sollten im Rahmen der Europäischen Fahrraderklärung adressiert werden.

Das Europäische Parlament und der Rat der EU haben nun die Möglichkeit, weitere Punkte zur Erklärung hinzuzufügen. Anschließend wird die Erklärung von allen drei EU-Institutionen unterzeichnet.

(reh)

Umwelt

Einigung über strengere Abfallregelungen

Am 16. November 2023 haben sich Parlament und Rat auf neue Regeln zur Verbringung von Abfällen und im Kampf gegen Umweltstraftaten geeinigt.

Die Kommission hatte im November 2021 ihren Vorschlag zur Reform der EU-Vorschriften für die Verbringung von Abfällen vorgelegt. Ziel der neuen Verordnung ist es, die Umwelt und die menschliche Gesundheit wirksamer zu schützen und gleichzeitig dazu beizutragen, die EU-Ziele der Klimaneutralität, der Kreislaufwirtschaft und der Null-Schadstoff-Politik zu erreichen. Konkret wurde im neuen Gesetzt festgelegt 

  • Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit zu verschärfen
  • den Export von Kunststoffabfällen in Nicht-OECD-Länder zu verbieten
  • die Verbringung von Abfällen, die zur Beseitigung in einem anderen EU-Land bestimmt sind, nur in Ausnahmefällen zuzulassen
  • die Verpflichtung, Abfälle, die außerhalb der EU verbracht werden, umweltverträglich zu entsorgen.

Diese Vorgaben ergänzen die neue Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt. Parlament und Rat einigten sich auf Verpflichtungen der EU-Staaten, die Definition von Umweltstraftaten sowie wirksame abschreckende Sanktionen für Straftäter in ihr Strafrecht aufzunehmen. Der neue Rechtsrahmen soll dazu beitragen, dass schwere Umweltstraftaten nicht ungestraft bleiben.

Im Einklang mit der politischen Einigung müssen das Europäische Parlament und der Rat beide Rechtsakte formell annehmen, bevor sie in Kraft treten können. 

(kue)

Digitales

Politische Einigung zum Gesetz über künstliche Intelligenz

Nach langen Verhandlungen haben sich Parlament und Rat der EU am 8. Dezember 2023 auf das Gesetz über die Künstliche Intelligenz (KI) politisch geeinigt. Basierend auf dem Kommissionsvorschlag vom April 2021 ist das Gesetz der erste umfassende Rechtsrahmen für Künstliche Intelligenz weltweit. Es soll sicherstellen, dass die Grundrechte, die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die ökologische Nachhaltigkeit vor risikoreicher KI geschützt werden, während gleichzeitig die Innovation gefördert und Europa zu einem Vorreiter in diesem Bereich gemacht wird. Die Vorschriften legen Verpflichtungen für KI fest, die sich nach den potenziellen Risiken und dem Ausmaß ihrer Auswirkungen richten.

Verbotene Anwendungen

Zum Schutz der Rechte von Bürgerinnen und Bürgern und der Demokratie sieht die neue Verordnung Verbote für bestimme Anwendungen vor. Hierzu gehören biometrische Kategorisierungssysteme, die sensible Merkmale verwenden (z. B. politische, religiöse oder philosophische Überzeugungen, sexuelle Orientierung, Rasse); das ungezielte Auslesen von Gesichtsbildern aus Internet oder Videoüberwachungsanlagen zur Erstellung von Gesichtserkennungsdatenbanken; Emotionserkennung am Arbeitsplatz und in Bildungseinrichtungen; Soziales Scoring auf Grundlage von Sozialverhalten oder persönlichen Merkmalen; KI-Systeme, die das menschliche Verhalten manipulieren, um den freien Willen des Menschen zu umgehen; KI, die eingesetzt wird, um die Schwächen von Menschen (aufgrund von Alter, Behinderung, der sozialen oder wirtschaftlichen Lage) auszunutzen.

Verpflichtungen für Hochrisikosysteme

Für KI-Systeme, die als hochriskant eingestuft werden (aufgrund ihres Schadenspotenzials für Gesundheit, Sicherheit, Grundrechte, Umwelt, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit), sind klare Verpflichtungen vereinbart worden, etwa eine obligatorische Folgenabschätzung für Grundrechte, die beispielsweise für den Versicherungs- und Bankensektor gilt. Auch KI-Systeme, die Wahlergebnisses und das Wählerverhalten beeinflussen könnten, werden als hochriskant eingestuft. Zudem wurde festgelegt, dass Bürgerinnen und Bürger das Recht haben, Beschwerden über KI-Systeme einzureichen.

Die Umsetzung der neuen Vorschriften soll auf nationaler Ebene von den Marktaufsichtsbehörden überwacht werden. Auch ist die Einrichtung eines neuen europäischen AI-Offices innerhalb der Europäischen Kommission geplant, das die Koordinierung auf europäischer Ebene sicherstellen soll.

Der Gesetzestext muss nach dieser politischen Einigung sowohl vom Parlament als auch vom Rat formal angenommen werden, bevor er in Kraft treten kann.  

(kue)

Data Act: Einigung auf neue Vorschriften für fairen Datenzugang und Datennutzung

Der Rat der Europäischen Union hat Ende November den Data Act verabschiedet. Bereits am 27. Juni 2023 haben der Rat und das Europäische Parlament eine vorläufige Einigung über dieses Dossier erzielt. Mit dieser Verordnung werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für Datenzugang und -nutzung neu geordnet. Ziel ist es, Hindernisse für den Zugang zu Daten auszuräumen und Anreize für die Investition in Datenerzeugung zu setzen. Aus Sicht des Deutschen Städtetages ist es enttäuschend, dass kein kontinuierlicher Datenzugang für öffentliche Stellen geschaffen wurde.

Die Verordnung ermöglicht es öffentlichen Stellen zwar auf Daten des Privatsektors zuzugreifen und diese zu nutzen, jedoch nur wenn dies unter außergewöhnlichen Umständen erforderlich ist. Dies gilt insbesondere bei öffentlichen Notfällen wie etwa Überschwemmungen und Waldbränden oder zur Erfüllung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse.

Der Deutsche Städtetag kritisiert an der Einigung, dass für die öffentliche Daseinsvorsorge ein kontinuierlicher Datenzugang entscheidend ist. Gerade um Notstände und Katastrophenfälle verhindern zu können, bedarf es einer stetigen Datennutzung durch Kommunen (beispielsweise um Zeitreihen und Monitoring zu ermöglichen). Diese Verbesserungsvorschläge wurden von den europäischen Gesetzgebern leider nicht aufgegriffen.

Der Data Act wird in den nächsten Wochen im Amtsblatt veröffentlicht werden. Er wird 20 Monate nach der Veröffentlichung Inkrafttreten, also voraussichtlich im Herbst 2025.

(fia)

Einigung über effizientere digitale öffentliche Dienste in der gesamten EU

Am 13. November 2023 haben Rat und Parlament eine vorläufige Einigung zu den vorgeschlagenen Rechtsvorschriften über Maßnahmen im Rahmen der Interoperabilität des öffentlichen Sektors in der EU (Gesetz für ein interoperables Europa) erzielt.

Die Verordnung schafft einen neuen Rahmen für die Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltungen in der EU mit dem Ziel, den Informationsaustausch grenzüberschreitend zu erleichtern und den digitalen Wandel im öffentlichen Sektor unionsweit zu beschleunigen. Geplant sind Vereinbarungen über interoperable und wiederverwendbare digitale Lösungen, um den Verwaltungsaufwand auch in Bezug auf rechtliche, organisatorische, sprachliche und technische Hindernisse bei der Zusammenarbeit zu reduzieren.

Im Fragen- und Antwort-Katalog der Kommission werden Details unter anderem zum Subsidiaritätsgrundsatz erklärt.

Der Text der vollständigen Vereinbarung wird von den Rechts- und Sprachsachverständigen überarbeitet, bevor er von Rat und Parlament förmlich angenommen werden kann.

(kue)

Soziales

Politische Instrumente zur Bewältigung des demografischen Wandels

Die Kommission veröffentlichte am 11. Oktober 2023 eine Mitteilung zu einer Reihe politischer Instrumente, die den Mitgliedstaaten helfen sollen, den demografischen Wandel und seine Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Wirtschaft der EU zu bewältigen. Aufgeführt werden in der Mitteilung politische Rahmenregelungen, Regulierungsinstrumente und Möglichkeiten zur Finanzierung. Die Maßnahmen sollen konkret 

  • Eltern helfen, ihr Familienleben und bezahlte Arbeit in Einklang zu bringen
  • die jüngeren Generationen unterstützen und ihnen ermöglichen, sich zu entfalten
  • die Teilhabe älterer Generationen stärken und ihr Wohlergehen erhalten
  • dem Arbeitskräftemangel entgegenwirken und gesteuerte legale Migration erleichtern

Die Mitgliedstaaten sind aufgerufen, integrierte Strategien zur Bewältigung des demografischen Wandels zu entwickeln und umzusetzen und demografische Belange in alle Politikbereiche einzubeziehen.

(kue)

Tipps & Hinweise

10. Europäisches Gipfeltreffen der Regionen und Städte in Mons

Vom 18. bis 19. März 2024 findet der 10. Europäische Gipfel der Regionen und Städte in der belgischen Stadt Mons statt. Alle zwei Jahre veranstaltet der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) ein europäisches Gipfeltreffen der Regionen und Städte, um lokale und regionale Mandatsträgerinnen und Mandatsträger vor Ort zu Diskussionen über die wichtigsten Herausforderungen in der Europäische Union zusammen zu bringen. Inhaltliche Schwerpunkte des 10. Gipfeltreffens werden auf den Themen Demokratie, nachhaltige Entwicklung, die Zukunft der Europäischen Union und ihre Erweiterung, die notwendige Gewährleistung des sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalts sowie die Bewältigung der Folgen des Krieges in der Ukraine liegen.

Das Programm und die Anmeldebedingungen sind hier zu finden.

(kue)

In eigener Sache

An unsere Leserinnen und Leser

Wir wünschen unseren Leserinnen und Lesern ein friedvolles Weihnachtsfest und ein gesundes Jahr 2024.

Ihr Europa-News-Team

 

 

Redaktion:
Lina Furch (verantwortlich)

Autorinnen und Autoren:
U. Fikar (fia),  K. Kühne (kue), Piet Rehmert (reh)