Europa News 4|2025
Die Europa News des Deutschen Städtetages berichten über Neuigkeiten aus der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union sowie dem Ausschuss der Regionen, die aus kommunalpolitischer Perspektive interessant sind. Die aktuelle Ausgabe lesen Sie hier.
Inhaltsverzeichnis
Institutionelles
- Dänemark übernimmt EU-Ratspräsidentschaft
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Europäischer Rat vom 26. Juni: Transatlantische Handelsbeziehungen und weitere Unterstützung für Ukraine auf der Tagesordnung
Kohäsion
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Kommission schlägt neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2028-2034 vor: Struktur- und Kohäsionsfonds künftig mit anderen Förderprogrammen in einem Plan gebündelt
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Bewertung der Aufbau- und Resilienzfazilität durch EU-Kommissio
Klima
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Kommission schlägt Klimaziel für 2040 vor – Große Mehrheit der EU-Bevölkerung sieht den Klimawandel als ernsthafte globale Bedrohung an
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Kommission bewertet nationale Klima- und Energieplän
Umwelt
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Wasserresilienzstrategie der EU-Kommission veröffentlicht
Stadtentwicklung
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Europäisches Cities Forum 2025 befasste sich mit neuer EU-Agenda für Städte
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Umsetzungsdialog zur nachhaltigen Stadtentwicklung im Rahmen der Kohäsionspolitik
Energie
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Kommission stellt Beihilferahmen zum Deal für eine saubere Industrie vor
Migration
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GEAS-Reform: Kommission veröffentlicht Halbzeitbericht zur Umsetzung
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Verlängerung des vorübergehenden Schutzstatus für ukrainische Geflüchtete bis 2027
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Einigung zu Reform der EU-Visumspolitik erzielt
Digitales
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Digitale Dekade: Deutschland im Rückstand
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DST-Stellungnahme zur Strategie für eine europäische Datenunio
Soziales
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Sozialausschuss des Europaparlaments bezieht Stellung zur Halbzeitbewertung des ESF+
In eigener Sache
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Stellenausschreibung für studentische Hilfskraft in der Abteilung Europa und Internationales
Anhang
- Auswahl öffentlicher EU-Konsultationen
- Auswahl der Stellungnahmen und Entschließungen des Europäischen Ausschusses der Regionen der 167. Plenartagung am 2./3. Juli 2025
Institutionelles
Dänemark übernimmt EU-Ratspräsidentschaft
Zum 1. Juli 2025 hat Dänemark turnusmäßig den Vorsitz des Rates der Europäischen Union für die kommenden sechs Monat übernommen. Das Motto der dänischen Ratspräsidentschaft lautet "Ein starkes Europa in einer Welt, die sich verändert".
Im Programm des Vorsitzes werden zwei Themen besonders hervorgehoben: Sicherheitspolitik sowie ein wettbewerbsfähiges und grünes Europa.
Von besonderer Bedeutung für die Städte wird unter der dänischen Ratspräsidentschaft der Start der Verhandlungen zum nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen der EU (MFR) für die Jahre 2028-2034 sein. Dabei sollen auch die Kohäsionsfonds grundlegend überarbeitet werden. Nach der Vorstellung der Pläne der Europäischen Kommission dazu wird es den dänischen Ministerinnen und Ministern obliegen, erste Verhandlungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten über Höhe und Ausgestaltung des Finanzrahmens zu leiten. In diesem Zusammenhang möchte der dänische Vorsitz insbesondere die bisher stockenden Verhandlungen der EU-Mitgliedstaaten zur Erweiterung der Eigenmittel der EU wiederaufnehmen. Damit soll das Budget der EU erhöht werden, z.B. aus Einnahmen aus dem erweiterten Emissionshandel.
Weitere Prioritäten der Ratspräsidentschaft sind eine solide Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit, Wettbewerbsfähigkeit sowie der grüne Wandel.
Ein besonderes Augenmerk liegt zudem auf dem für Städte wichtigen Thema erschwinglicher Wohnraum. Dazu möchte die Ratspräsidentschaft Schlussfolgerungen im Rat verabschieden und die verfügbaren Förderinstrumente für Wohnungsbau auf EU-, nationaler und städtischer Ebene analysieren. Auch sollen neue Regeln für staatliche Beihilfen für sozialen Wohnungsbau festgelegt werden.
Im Bereich Umwelt möchte die Ratspräsidentschaft eine Einigung im Rat zur Überarbeitung des europäischen Klimagesetzes inklusive eines EU-Klimaziels für 2040 erreichen. Auch die Verhandlungen zur Abfallrahmenrichtlinie sollen bis Ende 2025 abgeschlossen werden.
Im Bereich Migration möchte Dänemark die Mitgliedstaaten bei der schnellen Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems unterstützen und die Verhandlungen zu einer überarbeiteten Rückführungspolitik vorantreiben.
Um vermehrt internationale Arbeitskräfte für EU-Mangelberufe anzuwerben, ist auch die Verabschiedung eines EU-Talentpools geplant. Angesichts der sich ändernden Sicherheitslandschaft möchte Dänemark die Umsetzung des "REARM Europe" Projekts fortsetzen und die Verhandlungen zur Lockerung der EU-Schuldenregeln für Verteidigungsausgaben im Rat zum Abschluss bringen.
Mit Blick auf Vereinfachung und Entbürokratisierung möchte Dänemark den Verhandlungen zu den Omnibus-Vereinfachungspaketen der EU-Kommission Priorität einräumen. Ein besonderer Fokus auf soll auf dem vierten Paket liegen, das eine neue Kategorie von „mittleren Unternehmen“ einführt und eine Überarbeitung der Datenschutzgrundverordnung vorsieht. Auch die anstehende Überarbeitung der Richtlinien für das öffentliche Auftragswesen soll im Rat diskutiert werden.
In der Verkehrspolitik soll es Diskussionen zum Investitionsplan für nachhaltigen Verkehr geben, den die Kommission im zweiten Halbjahr 2025 vorstellen wird. Die Arbeiten zur Einführung einer europäischen "Business Wallet" sollen begonnen werden, die den Datenaustausch zwischen Unternehmen und Behörden vereinfachen soll.
Die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien und Netzinfrastruktur sowie Investitionsanreize stehen in der Energiepolitik im Fokus.
Ber
Europäischer Rat vom 26. Juni: Transatlantische Handelsbeziehungen und weitere Unterstützung für Ukraine auf der Tagesordnung
Am 26. Juni 2025 kamen die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel zusammen, um insbesondere über geoökonomische Herausforderungen, europäische Verteidigung und die Entwicklungen in der Ukraine und im Nahen Osten zu beraten. Erstmals wurde Deutschland dabei durch Bundeskanzler Friedrich Merz vertreten.
Mit Blick auf die aktuelle Lage in der Ukraine bekräftigten die EU-Führungsspitzen die Grundsätze, die sie bereits auf der Sondertagung des Europäischen Rates am 6. März 2025 festgelegt hatten (s. Europa News 2/2025). Erneut trug Ungarn diese Erklärungen zur Ukraine nicht mit. Der Rat betonte die Notwendigkeit, die ukrainische Verteidigungsindustrie weiter zu unterstützen und ihre Integration mit der europäischen Rüstungsindustrie zu vertiefen. Zwar einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf eine Verlängerung der Sanktionen gegen Russland um weitere sechs Monate, aber ein weiteres, 18. Sanktionspaket konnte aufgrund des Widerstands der Slowakei nicht beschlossen werden. Die slowakische Regierung möchte weiteren Sanktionen erst zustimmen, wenn die EU eine sichere Versorgung des Landes mit Erdgas garantiert.
In Bezug auf die Situation im Nahen Osten forderte der Europäische Rat in seinen Schlussfolgerungen erneut eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen, beklagte die dortige verheerende humanitäre Lage und forderte Israel auf, die Blockade des Gebiets vollständig aufzuheben. Das von mehreren EU-Staaten geforderte Aussetzen des Assoziierungsabkommens mit Israel scheiterte jedoch u.a. am Veto Deutschlands und Österreichs. Die Einstellung der Feindseligkeiten zwischen Iran und Israel wurde begrüßt und die EU-Führungsspitzen sicherten zu, weiterhin alle diplomatischen Bemühungen, die auf eine Lösung der iranischen Nuklearfrage abzielen, zu unterstützen.
Ein weiterer Schwerpunkt des Europäischen Rates lag auf der europäischen Sicherheit und Verteidigung. Dabei nahmen die Staats- und Regierungschefs die Erhöhung der Verteidigungsausgaben der NATO-Länder auf 5 Prozent des BIP zur Kenntnis und begrüßten die Annahme der "SAFE-Verordnung" für verteidigungsbezogene Investitionen und die damit verbundene Aktivierung der nationalen Ausweichungsklausel im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Das SAFE-Instrument soll auch dazu genutzt werden, rasch gemeinsame europäische Verteidigungsprojekte zu erarbeiten.
Diskutiert wurde auch über den europäischen und weltweiten Handel, vor allem vor dem Hintergrund der US-Zölle. Kommissionpräsidentin von der Leyen sagte, man sei bereit für eine Einigung mit den USA, aber auch auf die Möglichkeit einer nicht zufriedenstellenden Einigung vorbereitet. Sie regte außerdem eine Neugestaltung der Welthandelsorganisation in Zusammenarbeit mit den asiatischen Staaten an.
Ber
Kohäsion
Kommission schlägt neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2028-2034 vor: Struktur- und Kohäsionsfonds künftig mit anderen Förderprogrammen in einem Plan gebündelt
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, stellte am 16. Juli 2025 den Entwurf für den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2028-2034 vor. Das Budget für den gesamten MFR soll 2 Bln. Euro betragen. Zum Vergleich: Für den aktuellen MFR wurden 1,26 Bln. Euro (Preise von 2025) veranschlagt, zudem später ca. 800 Milliarden durch den Corona-Wiederaufbaufonds NextGenerationEU hinzukamen. Zu beachten ist, dass die Rückzahlung der Schuldenaufnahme für NextGenerationEU den neuen MFR mit 24 Milliarden pro Jahr ab 2028 belasten wird. Der Vorschlag der Kommission umfasst vier Säulen ("Headings") mit festgelegten Obergrenzen sowie einen neuen Krisenmechanismus und eine Ukrainereserve. Insgesamt werden mehr Mittel für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit sowie für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation vorgesehen. Die Kohäsionsmittel, die in der Säule "Europe’s social model and quality of life" verankert werden, sind allerdings im Vergleich weniger geworden.
Eine wesentliche Änderung des Vorschlags der Kommission besteht darin, die verschiedenen Fonds, die derzeit über eine gemeinsame Verwaltung mit den Mitgliedsstaaten bzw. Regionen umgesetzt werden, in einen einheitlichen Ansatz von "nationalen und regionalen Partnerschaftsplänen (NRP)" zu integrieren. Das bedeutet, dass alle Fonds, die derzeit unter der gemeinsamen Dachverordnung enthalten sind - wie beispielsweise der Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), der Europäische Sozialfonds Plus (ESF+) oder der Asyl- und Migrationsfonds (AMIF) - mit der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) sowie dem Klimasozialfonds zusammengelegt und in einem nationalen und regionalen Partnerschaftsplan umgesetzt werden. Dies bedeutet einen größeren Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten, wie sie ihr nationales Kontingent zuweisen. Der Vorschlag erhält die Möglichkeit, die gleichen Verwaltungsbehörden, die derzeit für die Kohäsionspolitik sind, verantwortlich zu halten, aber die Entscheidung liegt letztendlich bei den Mitgliedstaaten.
Die Kommission argumentiert, dass durch einen NRP die Mittelvergabe einfacher wird, weil alle von den Mitgliedstaaten und den Regionen ausgegebenen EU-Mittel im Rahmen einer kohärenten Strategie zusammengeführt werden. Künftig sollen dieselben Regeln für den gesamten NRP gelten und nicht mehr fondsspezifische Regelungen mit unterschiedlichen Anforderungen und Fristen. In die Pläne sollen bestimmte Reformvorgaben – etwa für Beschäftigung, Landwirtschaft, Fischerei, Städte oder ländliche Gebiete, Regionen oder die nationale Ebene – aufgenommen werden. Es müssen sogenannte "Milestones" erreicht werden, die Einfluss auf die Mittelvergabe haben bzw. bei Nichterreichen deren Rückzahlung nach sich ziehen können. Es soll u.a. die Möglichkeit von "regionalen Kapiteln" in den Plänen geben, die in Deutschland dann beispielsweise zwischen dem Bund und den einzelnen Ländern ausgehandelt werden könnten.
Das Budget für die Partnerschaftspläne soll insgesamt 865 Mrd. Euro betragen. Davon sind bereits 300 Milliarden Euro fest für die Einkommenshilfe für Landwirte vorgesehen. Für die am wenigsten entwickelten Regionen soll eine Mindestsumme von 218 Milliarden Euro aus den Partnerschaftsplänen zur Verfügung gestellt werden, um sicherzustellen, dass diese mindestens so viele EU-Gelder wie bisher erhalten. 14 Prozent der nationalen Planbudgets sollen Reformen und Investitionen finanzieren, die in den Bereich der Sozialpolitik fallen (berufliche Bildung, Armutsbekämpfung, Inklusion etc.). 34 Milliarden sind für Migrationsmanagement vorgesehen. Für Deutschland ist eine Gesamtmittelallokation von 68,4 Milliarden Euro vorgesehen (siehe Faktenblatt Mittelzuteilung). Ein fester Anteil des Budgets für Städte ist durch die EU-Verordnungen nicht vorgesehen.
Zeitgleich präsentierte Kommissionspräsidentin von der Leyen einen Vorschlag für eine Erweiterung der eigenen Einnahmen der EU. Diese zusätzlichen Mittel sollen aus dem Europäischen Emissionshandel, dem CO2-Grenzausgleichsmechanismus, Steuern auf Elektroschrott und Tabakwaren sowie einer Unternehmenssteuer für Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro kommen. Damit sollen 58,5 Milliarden Euro eingenommen werden.
Der MFR-Vorschlag der Kommission muss nun einstimmig im Rat angenommen werden. Anders als beim jährlichen Haushaltsplan hat das Europäische Parlament beim MFR-Vorschlag nur ein Vetorecht. Zu den Vorschlägen, die die NRPs betreffen, findet das übliche Gesetzesverfahren Anwendung.
Fia
Bewertung der Aufbau- und Resilienzfazilität durch EU-Kommission
Die EU-Kommission stellte am 29. Mai 2025 eine Studie zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) vor. Seit 2021 wurden demnach EU-weit mehr als 2.800 Investitionsmaßnahmen angestoßen, um die wirtschaftliche Erholung und die strukturelle Transformation und Widerstandsfähigkeit der Mitgliedsstaaten zu beschleunigen und zu stärken.
Deutschland profitiert laut der Studie von gesamtwirtschaftlichen Effekten in Höhe von 66,1 Milliarden Euro, was das Volumen der deutschen ARF-Mittel von 32,2 Milliarden weit übersteigt. Ursache hierfür sind vor allem indirekte Spillover-Wirkungen, die durch Investitionen anderer EU-Staaten über den Binnenmarkt auch in Deutschland wirken. Davon profitieren vor allem die Bauwirtschaft und die Fahrzeugindustrie.
Am 18. Juni 2025 zog die Kommission zudem in einer Mitteilung eine Bilanz zur Umsetzung der ARF. Daraus geht hervor, dass bisher über 315 Milliarden Euro ausgezahlt wurden und über 2.000 Etappenziele und Reformschritte umgesetzt wurden. Zugleich gibt die Kommission den Mitgliedstaaten Empfehlungen, um einen erfolgreichen Abschluss des bis 2026 befristeten Instruments zu gewährleisten. So sollen die Mitgliedstaaten ihre nationalen Pläne überprüfen und straffen, um sicherzustellen, dass die verbleibenden Mittel von über 335 Milliarden Euro vollständig ausgeschöpft werden. Deshalb sollen die Staaten sich auf tatsächlich umsetzbare Maßnahmen konzentrieren und alternative Investitionen prüfen. Bereits im vergangenen September hatte der Europäische Rechnungshof den schleppenden Mittelabfluss kritisiert und das Risiko einer unvollständigen Umsetzung der geplanten Maßnahmen hervorgehoben.
Ber
Klima
Kommission schlägt Klimaziel für 2040 vor – Große Mehrheit der EU-Bevölkerung sieht den Klimawandel als ernsthafte globale Bedrohung an
Die Kommission hat am 2. Juli 2025 ihren angekündigten Vorschlag zum EU-Klimagesetz vorgelegt, indem die Treibhausgasemissionen EU-weit bis 2040 um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert werden sollen. Das "Europäische Klimagesetz" sieht bisher eine Reduktion um 55 Prozent bis 2030 und das Erreichen der Klimaneutralität bis 2050 vor.
Mit der Ergänzung eines Zwischenziels für 2040 sollen die Planungssicherheit und die Energieversorgungssicherheit gestärkt werden. Neue Flexibilisierungsmöglichkeiten für das Erreichen des neuen Zwischenziels sollen durch den Einbezug von Negativemissionen in den Europäischen Emissionshandel (ETS) sowie "hochwertige internationale Gutschriften" geschaffen werden. Das würde bedeuten, das CO2-Kompensationsprojekte in Drittstaaten mit THG-Emissionen, die in der EU entstehen, verrechnet werden könnten. Damit soll ein Beitrag geleistet und den EU-Mitgliedstaaten die Hand gereicht werden, um das Erreichen der Klimaziele zu ermöglichen. Die Ausgestaltung der Flexibilisierungsmechanismen wird im Folgenden noch genau zu betrachten sein, insbesondere dass es damit gelingt, den Spagat abzufedern zwischen Klimazielen und Überforderung. Es ist jedenfalls dringend darauf zu achten, dass Missbrauch bei den internationalen Gutschriften und Zertifikaten vermieden wird.
Der Vorschlag stützt sich auf eine Folgenabschätzung und Empfehlungen eines zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen und des Europäischen Wissenschaftlichen Beirats für Klimaänderungen.
Mit der Veröffentlichung beginnt das ordentliche Gesetzgebungsverfahren. Im nächsten Schritt befassen sich das Europäische Parlament und der Rat der EU-Staaten mit dem Kommissionsvorschlag.
Im europäischen Parlament wurde trotz vieler Bedenken ein Berichterstatter aus der rechtsextremen Fraktion Patrioten für Europa für den Vorschlag bestimmt. Unter diesen Umständen dürfte die Positionsfindung innerhalb des Parlamentes schwierig verlaufen.
Bei der Pressemitteilung der Kommission wurde auf eine neue Umfrage der Kommission zum Klimawandel verwiesen, wonach über acht von zehn Menschen in Deutschland und der EU den Klimawandel als sehr ernstes oder ziemlich ernstes Problem ansehen. 80 Prozent der Deutschen und 81 Prozent der Europäerinnen und Europäer unterstützen das Ziel der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden. Das zeigt die neue Eurobarometer-Umfrage, die die Kommission am 30. Juni veröffentlicht hat. Mehr als drei Viertel der Befragten (77 Prozent) meinen, dass die Kosten der durch den Klimawandel verursachten Schäden wesentlich höher sind als die Investitionen, die für einen Übergang zur Klimaneutralität erforderlich sind.
Fia
Kommission bewertet nationale Klima- und Energiepläne
Die EU-Kommissare Ribera, Hoekstra und Jørgensen präsentierten am 28. Mai 2025 eine Bewertung der aktualisierten nationalen Energie- und Klimapläne von 23 EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland. Ende April lagen der Kommission noch nicht die nationalen Pläne Belgiens, Estlands und Polens vor. Bei den nationalen Plänen handelt es sich um ein strategisches Planungsinstrument der Europäischen Kommission, um die EU auf das Ziel der Klimaneutralität 2050 auszurichten. Sie ermöglichen es der Kommission zudem, jedem Mitgliedstaat präzise Maßnahmen und Strategien zur Erreichung der Klima- und Energieziele für 2030, d.h. für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990, vorzuschlagen.
Laut der Auswertung gelang es den Mitgliedsstaaten, den Rückstand bei der Erreichung der Energie- und Klimaziele bis 2030 deutlich zu verringern. Wenn die Mitgliedstaaten auf Kurs bleiben, wird somit eine Reduktion der Emissionen von 54 Prozent bis 2030 erreicht und somit das vorgegebene Ziel nahezu erreicht. Der Bewertung zufolge muss Deutschland aber noch zusätzliche Anstrengungen zur Erreichung der Ziele vor allem in den Sektoren Gebäude und Straßenverkehr unternehmen. Um den Kurs zu halten, sollen die Mitgliedstaaten auch durch strategische Initiativen wie dem Deal für eine saubere Industrie unterstützt werden.
Ber
Umwelt
Wasserresilienzstrategie der EU-Kommission veröffentlicht
Die EU-Kommission veröffentlichte 5. Juni 2025 eine Wasserresilienzstrategie, die unverbindliche Empfehlungen für die Mitgliedstaaten für eine bessere Umsetzung der bestehenden EU-Wassergesetzgebung enthält. Die Wichtigkeit von Wasserresilienz wird zudem für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU betont. Besonders positiv ist, dass die Europäische Kommission die Rolle der kommunalen Ebene für die Wasserver- und Abwasserentsorgung anerkennt und diese Aufgaben weiterhin auf dieser Ebene organisiert werden sollen. Damit greift die EU-Kommission eine zentrale Forderung des Deutschen Städtetages auf.
Kritisch ist die in der Strategie angekündigte Studie zur neuen Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) über die möglichen Auswirkungen der erweiterten Herstellerverantwortung auf die betroffenen Sektoren (Pharma und Kosmetik). Die Geschäftsstelle hat sich gemeinsam mit den anderen kommunalen Spitzenverbänden und dem VKU in den letzten Monaten für den Erhalt der Herstellerverantwortung in KARL stark gemacht (siehe Gemeinsamer Appell).
Die Wasserreslienzstrategie setzt drei Hauptziele, die mit verschiedenen Maßnahmen erreicht werden sollen:
- Wiederherstellung und Schutz des Wasserkreislaufs als Grundlage für eine nachhaltige Wasserversorgung
- Aufbau einer wasserintelligenten Wirtschaft gemeinsam mit Bürgern und Wirtschaftsakteuren, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken, für Investoren attraktiv zu sein und eine florierende EU-Wasserwirtschaft zu fördern
- Sicherstellung von sauberem und bezahlbarem Wasser und Sanitärversorgung für alle zu jeder Zeit und Stärkung der Befähigung der Bürger zur Wasserresilienz
Sie schlägt die Einführung des unverbindlichen Prinzips "Wassereffizienz an erster Stelle" vor. Ineffiziente Wassernutzung sowie übermäßige Wasserentnahme in allen wirtschaftlichen Sektoren soll in Zukunft vermieden werden. Wassereffizienzmaßnahmen und eine Steigerung von Wiederverwendung von Wasser sollen stärkere Beachtung finden. Die Kommission blickt zudem auf die Wiederauffüllung der Grundwasserreserven und die Förderung des Einsatzes naturbasierter Lösungen. "Wasser-Effizienz" soll beispielsweise als Kriterium in öffentlichen Ausschreibungen genutzt werden können.
Die Kommission will weiter die Bekämpfung der Verunreinigung der Wasserressourcen angehen und am Prinzip der Verhinderung der Verunreinigung an der Quelle festhalten. Die Verringerung der Einleitung von Schadstoffen im Bereich der Trinkwasserversorgung, insbesondere PFAS und Nitrat soll u.a. durch die konsequente Umsetzung der Nitrat-Richtlinie erreicht werden. Über den Umgang mit PFAS soll in einer öffentlich-privaten Zusammenarbeit diskutiert werden.
Finanzielle Unterstützung für wasserresiliente Maßnahmen sollen im neuen Mehrjährigen Finanzrahmen ab 2028 stärkere Berücksichtigung im Rahmen des geplanten Wettbewerbsfonds finden. Die Zusammenarbeit der EU mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) zur Umsetzung und Finanzierung der in der Wasserresilienzstrategie genannten Maßnahmen und Projekte soll ausgebaut werden. Ebenso sollen private Investitionen im Wassersektor erhöht werden.
Die Umsetzung der in der Strategie enthaltenen Empfehlungen und Leitlinien der EU-Kommission obliegt nun den Mitgliedstaaten. Die europäischen Strategieüberlegungen dürften in Deutschland für die konkrete Ausgestaltung der Nationalen Wasserstrategie genutzt werden.
Weiterhin enthält die Strategie eine Zeitschiene für weitere Vorhaben der EU-Kommission für den Bereich der Wassergesetzgebung. So will sie bis Juni 2028 die Verordnung zur Wasserwiederverwendung evaluieren und prüfen, ob deren Anwendungsbereich ausgeweitet werden kann. Auch sollen bis 2028 mit Verweis auf die Trinkwasserrichtlinie Schwellenwerte festgelegt werden, auf Basis derer die Mitgliedsstaaten zu nationalen Aktionsplänen verpflichtet werden sollen.
Fia
Stadtentwicklung
Europäisches Cities Forum 2025 befasste sich mit neuer EU-Agenda für Städte
Vom 17. bis 19. Juni fand das europäische Städteforum in Krakau statt, wo unter anderem über die künftige EU-Agenda für Städte diskutiert wurde. Ausgerichtet von der Generaldirektion für Regional- und Stadtpolitik (GD REGIO) der Europäischen Kommission und der Europäischen Stadtinitiative brachte das dreitägige Städteforum in Krakau 765 Teilnehmende vor Ort und 1.831 online teilnehmende Personen zusammen. Auch der Deutsche Städtetag und einige seiner Mitgliedsstädte waren vor Ort. Auf dem Programm war ein Hauptpunkt die Finanzierung nachhaltiger Stadtentwicklung. In zahleichen Diskussionsrunden, Workshops und Informationsveranstaltungen wurde u.a. die Themen bezahlbarer Wohnraum, Klimaanpassung, Innovationen, EU-Kohäsionspolitik, Nachhaltigkeit und digitale Transformation besprochen. Höhepunkt war eine Mayor’s Debatte in der über die Erwartungen an die EU-Agenda für Städte diskutiert wurde. Die Debatte eröffnete der Exekutivvizepräsident der Europäischen Kommission für Kohäsion und Reformen, Raffaelle Fitto, und erklärte, dass die Kommission daran arbeite, eine ehrgeizige politische Agenda für Städte zu entwickeln, um das Potenzial der Städte als Motoren für Innovation, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu nutzen. Diese Agenda soll, so erklärte es Fitto, eine klare Vision für die Zukunft der Städte bieten und sich mit Themen wie Wohnungsbau, Klimaschutz, Digitalisierung, Mobilität, sozialer Eingliederung und Gleichstellung befassen.
Die Agenda soll bis Ende des Jahres vorliegen und verfolgt zwei Ziele:
- Erstens soll die bestehende EU-Förderung gestrafft und für Städte jeder Größe leichter zugänglich gemacht werden. Dabei sollten die begrenzten Humanressourcen und Haushaltsmittel vieler kleinerer Städte berücksichtigt werden. Diese Rationalisierung wird auf bestehenden Instrumenten, wie der Europäischen Stadtentwicklungsinitiative, aufbauen.
- Das zweite Ziel der Agenda ist die maßgebliche Beteiligung der Städte an der politischen Entscheidungsfindung der EU. Die Kommission prüfe eingegangene Ideen und Vorschläge, wie die Interessen und Anliegen der Städte besser berücksichtigt werden können.
Der Deutschen Städtetag hatte sich an einer öffentlichen Konsultation der GD REGIO mit einer Stellungnahme eingebracht.
Während des Forums wurde zudem ein aktuelles Eurobarometer zu städtischen Herausforderungen und Investitionen in Städten veröffentlicht. Dabei gaben 75 Prozent der befragten EU-Bürgerinnen und -Bürger an, derzeit in Städten und städtischen Gebieten leben – eine Zahl, die bis 2050 auf 78 Prozent steigen dürfte. Nach dem Eurobarometer ist der Mangel an bezahlbarem Wohnraum bei weitem das dringlichste Problem für die Befragten, die in Städten leben, wobei 51 Prozent dies für ein unmittelbares und dringendes Problem halten. Darüber hinaus hoben die Stadtbewohnerinnen und -bewohner zwei Schlüsselbereiche hervor, die am meisten verbessert werden müssen: Qualität der öffentlichen Dienstleistungen (von 42 Prozent) und Sicherheit im öffentlichen Raum (36 Prozent).
Fia
Umsetzungsdialog zur nachhaltigen Stadtentwicklung im Rahmen der Kohäsionspolitik
Am 24. Juni 2025 lud Exekutivvizepräsident Raffaele Fitto 27 ausgewählte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister nach Brüssel zu einem Umsetzungsdialog zur nachhaltigen Stadtentwicklung im Rahmen der Kohäsionspolitik ein. Mit der Gruppe von Stadtoberhäuptern erörterte die Kommission Herausforderungen und erfolgreiche Ansätze für eine nachhaltige Stadtentwicklung.
Wolfram Leibe, Oberbürgermeister der Stadt Trier, präsentierte dabei die Positionen des Deutschen Städtetages. Er forderte u.a. den Anteil der städtischen Dimension im ERDF von derzeit 8 Prozent auf 15 Prozent zu erhöhen. Diese Forderung wurde auch von anderen Teilnehmenden unterstützt. Mathias De Clercq, Bürgermeister der Stadt Gent (Belgien) und Präsident von Eurocities, schlug die Einführung eines "Urban chapters" für die von der Kommission angedachten nationalen Pläne vor, die bei der Umsetzung der zukünftigen Kohäsion eine zentrale Rolle spielen sollen. Haris Doukas, Bürgermeister der Stadt Athen, forderte einfacheren Zugang zu den EU-Mitteln. Insgesamt waren sich die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in ihren Forderungen einig, dass es mehr Vereinfachungen bei der Antragstellung für EU-geförderte Projekte geben muss.
Fia
Energie
Kommission stellt Beihilferahmen zum Deal für eine saubere Industrie vor
Am 25. Juni 2025 wurde ein neuer Beihilferahmen zum Deal für eine saubere Industrie vorgestellt, der den Mitgliedstaaten Werkzeuge an die Hand gibt, um die Entwicklung sauberer Energie, die Dekarbonisierung der Industrie und saubere Technologien voranzutreiben. Er gilt bis zum 31. Dezember 2030 und ersetzt den seit 2022 geltenden Befristeten Rahmen zur Krisenbewältigung und zur Gestaltung des Wandels (TCTF). Der Beihilferahmen soll die Umsetzung des "Clean Industrial Deals" - der europäischen Strategie um die Industrie wettbewerbsfähig, klimaneutral und widerstandsfähig zu machen - begleiten (siehe Europa News 2/2025).
Mit dem Rahmen werden die Beihilfevorschriften in fünf Hauptbereichen vereinfacht:
- Ausbau erneuerbarer Energien und verstärkte Nutzung kohlenstoffarmer Brennstoffe,
- befristete Strompreisentlastung für energieintensive Verbraucher, um den Übergang zu niedrigpreisigem sauberem Strom sicherzustellen,
- Dekarbonisierung bestehender Produktionsanlagen,
- Entwicklung von Fertigungskapazitäten für saubere Technologien in der EU und
- Verringerung der Risiken von Investitionen in saubere Energie, Dekarbonisierung, saubere Technologien, Energieinfrastrukturprojekte und Vorhaben zur Unterstützung der Kreislaufwirtschaft.
Der neue Beihilferahmen erlaubt es den Mitgliedstaaten Vereinfachungen und Beschleunigungen in diesen Bereichen vorzunehmen und ausreichende Investitionen zu gewährleisten. Einen Überblick über die möglichen Maßnahmen bietet diese von der Kommission veröffentlichte Tabelle.
Fia
Migration
GEAS-Reform: Kommission veröffentlicht Halbzeitbericht zur Umsetzung
Am 11. Juni 2025 veröffentlichte die EU-Kommission ihren Halbzeitbericht zum Stand der Umsetzung der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Die Bestimmungen des Gesetzespakets, das erst im letzten Jahr beschlossen wurde, sollen ab Juni 2026 in allen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden, die Vorbereitungen dazu laufen derzeit intensiv.
Grundlage der Halbzeitbewertung ist der gemeinsame Durchführungsplan, der im Juni 2024 von der Kommission vorgelegt wurde. Die Bestandsaufnahme der Kommission konzentriert sich auf zehn Teilbereiche der Reform und beschreibt die derzeitigen Herausforderungen bei der Umsetzung. Insgesamt befinden sich die Kommission und die Mitgliedstaaten auf einem guten Weg, doch bestehen noch mehrere Herausforderungen, von deren Überwindung die erfolgreiche Umsetzung letztendlich abhängt. So besteht für den Eurodac-Datenaustausch in der IT-Infrastruktur mehrerer Mitgliedstaaten noch erheblicher Unterstützungsbedarf durch die EU, um irregulär ankommende Personen in der EU besser zu identifizieren. Um die beschleunigten Asylverfahren an der Grenze für offensichtlich unbegründete Anträge zu gewährleisten, müssen vielfach noch geeignete Orte von den Mitgliedstaaten gefunden und die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
Herausforderungen bestehen auch beim Aufbau ausreichender Aufnahme Kapazitäten in den meisten Ländern. Derzeit sind außerdem die meisten Mitgliedstaaten bemüht, die Asylverfahren effizienter zu gestalten und den bestehenden Rückstand in der Bearbeitung bereits laufender Verfahren zu verringern. Hinsichtlich des Rechtsakts für vereinfachte Rückkehrverfahren verweist die Kommission auf die derzeit noch laufenden Verhandlungen zwischen dem Europaparlament und dem Rat der EU, rechnet aber weiter mit einem Inkrafttreten im Juni 2026. Für Mitgliedstaaten, die unter besonderem Migrationsdruck stehen, soll zukünftig ein Solidaritätsmechanismus greifen, im Rahmen dessen andere Mitgliedstaaten wählen können, ob sie Asylbewerber aufnehmen oder zum Beispiel finanzielle Beiträge leisten. Hierfür sammeln die Kommission und die EU-Asylagentur die notwendigen Daten, um den Solidaritätsbedarf der einzelnen Mitgliedstaaten zu ermitteln. Die Kommission erkennt die Fortschritte vieler Mitgliedstaaten bei den Integrationsbemühungen an, sieht aber noch den Bedarf, die Anstrengungen für die Bereitstellung sozialer Dienstleistungen weiter zu erhöhen.
Dem Bericht der Kommission zufolge ist Deutschland bei den meisten der zehn Bausteine auf einem guten Weg. Allerdings zeichnen sich Defizite bei der ausreichenden Ausstattung der grenznahen Einrichtungen für die Durchführung der schnellen Asylverfahren ab, was die örtlichen Kommunen vor Herausforderungen stellen könnte. Probleme gibt es hier insbesondere aufgrund vergaberechtlicher Hürden. Insbesondere mit Blick auf den Solidaritätsmechanismus ist kritisch zu sehen, dass sich andere Mitgliedstaaten wie Ungarn laut Kommissionbericht einer Umsetzung der GEAS-Reform und der notwendigen Zusammenarbeit mit den EU-Institutionen zu verweigern scheinen.
Im Laufe dieses Jahres hat die Kommission die GEAS-Reform bereits mit mehreren zusätzlichen Gesetzesvorschlägen ergänzt und in einigen Teilbereichen ein früheres Inkrafttreten ermöglicht (z.B. EU-Liste der sicheren Herkunftsstaaten, siehe Europa News 3/2025).
Ber
Verlängerung des vorübergehenden Schutzstatus für ukrainische Geflüchtete bis 2027
Am 4. Juni 2025 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Vorschlag, der die Anwendung der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz für im Zuge des russischen Angriffskriegs aus der Ukraine geflüchtete Menschen (sogenannte "Massenzustrom-Richtlinie") um ein weiteres Jahr verlängern soll. Der vorübergehende Schutz für ukrainische Geflüchtete soll damit bis zum 4. März 2027 bestehen bleiben.
Als Begründung nennt die Kommission die anhaltend schwierige Lage in der Ukraine. Mit einer zugehörigen Mitteilung eröffnet die Kommission zudem die Diskussion über den zukünftigen Status der ukrainischen Geflüchteten in der EU mit Blick auf die Zeit nach einem Kriegsende. Die Mitgliedstaaten unterstützten den Vorschlag bereits am 13. Juni 2025 im Rat der EU. Eine abschließende formelle Zustimmung soll es bei der nächsten Sitzung des Rates der Justiz- und Innenminister geben.
Derzeit profitieren bereits 4,26 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer in der gesamten EU von dem Schutzstatus. In Deutschland sind es etwa 1,2 Millionen Menschen. Für den Übergang vom vorübergehenden Schutz in andere Formen des Aufenthaltsrechts nach einer Beendigung des Krieges in der Zukunft empfiehlt die Kommission den Mitgliedstaaten, entsprechende Vorbereitungen zu treffen, die Voraussetzungen für eine schrittweise Rückkehr zu schaffen und die Wiedereingliederung sowie Unterstützung für Vertriebene in Zusammenarbeit mit den ukrainischen Behörden zu gewährleisten.
Forderungen nach einer Aktivierung von Art. 11 der Richtlinie, die einen Verteilmechanismus der Geflüchteten innerhalb der EU vorsieht, wurden von der Kommission jedoch nicht adressiert. Die Kommission sieht zudem vor, einen Sondergesandten für die Ukraine zur Unterstützung der Mitgliedstaaten zu ernennen.
Ber
Einigung zu Reform der EU-Visumspolitik erzielt
Am 17. Juni 2025 haben sich der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament auf eine gemeinsame Position zur Verschärfung der EU-Visumspolitik verständigt. Mit der Reform soll die EU künftig schneller und gezielter gegen den Missbrauch der visumfreien Einreise vorgehen können.
Die Vertreter der EU-Institutionen einigten sich auf neue Gründe, die ein vorübergehendes Aussetzen von Visumsvereinbarungen (d.h. Visumfreiheit bei Kurzaufenthalten in der EU) mit Drittstaaten auslösen können. Dazu zählen die Feststellung einer mangelnden Angleichung der Regelungen für visumfreies Reisen in einem Drittstaat, hybride Bedrohungen und Verschlechterungen der Außenbeziehungen. Die Dauer der vorübergehenden Aussetzung der Visumfreiheit soll von derzeit neun auf zwölf Monate erhöht werden, wobei die Geltungsdauer um weitere 24 Monate verlängert werden kann (statt bisher 18 Monate). Eine individuelle Aussetzung der Visumfreiheit nur für Entscheidungsträger eines Drittstaates, die verantwortlich für die Aussetzung sind, soll ebenfalls eingeführt werden. Der erzielte Kompromiss muss noch formell von den beiden Ko-Gesetzgebern verabschiedet werden.
Ber
Digitales
Digitale Dekade: Deutschland im Rückstand
Am 16. Juni 2025 präsentierte die Europäische Kommission ihren jährlichen Bericht zum Stand der digitalen Dekade. Bei der digitalen Dekade handelt es sich um den regulatorischen Rahmen der EU-Digitalpolitik bis ins Jahr 2030. Dazu zählt u.a. die NIS2-Richtlinie.
Die digitale Dekade bildet das Hauptinstrument für die Koordinierung der nationalstaatlichen Digitalisierungsmaßnahmen. Sie basiert auf einer engen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und Akteuren auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene, um gemeinsame Fortschritte zu erzielen. Alle Mitgliedstaaten haben inzwischen nationale Fahrpläne zur Umsetzung der digitalen Dekade eingereicht.
In ihrem Bericht bewertet die Kommission die Fortschritte bei der Umsetzung der europäischen Digitalziele bis 2030 und analysiert die individuellen Herausforderungen der einzelnen Mitgliedstaaten. Zwar gibt es Fortschritte in mehreren Bereichen, doch insgesamt sieht die Kommission weiterhin erheblichen Handlungsbedarf.
Positive Entwicklungen gibt es beim Ausbau der digitalen Infrastruktur, insbesondere bei der 5-G-Abdeckung. Auch in der Unternehmensdigitalisierung, etwa durch den Ausbau digitaler Innovationszentren (EDIHs) und bei den digitalen Kompetenzen der Arbeitnehmer wurden Fortschritte erzielt.
Dennoch bleibe das aktuelle Tempo unzureichend, um die Ziele bis 2030 zu erreichen. So bestünden weiterhin Lücken bei der Glasfaserabdeckung, beim Ausbau unabhängiger 5-G-Kernnetze sowie bei der Nutzung von Schlüsseltechnologien wie KI, Cloud und Big Data. Die Abhängigkeit von außereuropäischen Anbietern in diesen Bereichen stelle ein Sicherheitsrisiko für die technologische Souveränität der EU dar. Auch besteht Nachholbedarf bei den grundlegenden digitalen Kompetenzen der EU-Bevölkerung, die derzeit nur bei 56 Prozent der Bürgerinnen und Bürger ausreichend vorhanden seien.
Aus dem Länderbericht für Deutschland geht hervor, dass das Land beim Glasfaserausbau nach wie vor unter dem EU-Durchschnitt liegt, insbesondere im ländlichen Raum. Auch bei der Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen und den digitalen Grundkompetenzen der Bevölkerung hinkt Deutschland hinterher. Die Nutzung der europäischen eID bleibe gering und viele KMUs hätten erheblichen Nachholbedarf bei der Digitalisierung.
Die Kommission empfiehlt Deutschland daher, den flächendeckenden Ausbau der Glasfaser- und 5-G-Netze insbesondere in unterversorgten Regionen zu beschleunigen, den Digitalisierungsgrad öffentlicher Dienstleistungen zu erhöhen, die digitalen Fähigkeiten der Bevölkerung durch eine bessere Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen gezielter zu fördern. In dem Bericht wird insgesamt unterstrichen, dass die aktive Beteiligung aller politischen Ebenen unabdingbar für einen erfolgreichen digitalen Wandel sei.
Ber
DST-Stellungnahme zur Strategie für eine europäische Datenunion
Der Deutsche Städtetag hat sich mit einer Stellungnahme an einer Konsultation der Europäischen Kommission zur "Datenunionstrategie" beteiligt. Diese Strategie soll darauf abzielen, bestehende Datenvorschriften zu straffen und einen kohärenteren Rechtsrahmen zu schaffen, damit Unternehmen und Verwaltungen Daten nahtloser, in größerem Umfang und auch international besser austauschen können. Dabei sollen stets hohe Datenschutz- und Sicherheitsstandards gewahrt bleiben. Die Initiative soll auch dazu beitragen, Daten zur Verringerung des Verwaltungsaufwands zu nutzen.
Der Deutsche Städtetag begrüßt die Bestrebung, einen EU-weit einheitlichen und verantwortungsvollen Umgang mit Daten zu etablieren. Das Leitbild einer selbstbestimmten, grundrechtsorientierten und gemeinwohlorientierten Datenpolitik sollte das Grundgerüst der Datenstrategie bilden. Die Digitale Souveränität der EU darf nicht durch Abhängigkeiten von marktbeherrschenden Plattformen gefährdet werden. Während der Beitrag von freiwilligen Datenspenden zur nachhaltigen Stadtentwicklung und Klimaanpassung anerkannt wird, fordert der Städtetag eine besondere Berücksichtigung von besonders schutzbedürftigen Daten – etwa von Kindern und Jugendlichen – im Rahmen der Datenunion und differenzierte Schutzmechanismen je nach Art der genutzten Daten.
Kommunale Perspektiven sollten bei der Entwicklung europäischer Datenstandards systematisch berücksichtigt werden, um die Vergleichbarkeit kommunaler Daten zu erleichtern. In der Stellungnahme wird auch betont, dass Daten kein Selbstzweck sind, sondern die Grundlage für eine moderne öffentliche Daseinsvorsorge, transparente Verwaltungsprozesse und bürgernahe Dienstleistungen bilden.
Der Deutsche Städtetag spricht sich nachdrücklich dafür aus, europäische Alternativen im Bereich von Dateninfrastrukturen, Cloud-Lösungen und KI-Systemen strategisch zu priorisieren und zu fördern. Daher fordert der Städtetag auch gezielte Unterstützungsprogramme der EU für Kommunen. Was den Einsatz von städtischen KI-Anwendungen angeht, verweist der Städtetag auf die Notwendigkeit qualitativ hochwertiger und vertrauenswürdiger Daten und den Bedarf der Städte an qualifiziertem Fachpersonal.
Im Rahmen der EU-Datenstrategie sollte sich die Kommission deshalb auch verstärkt auf die Qualität der Daten für das Training von KI-Systemen fokussieren. Insgesamt sieht der Deutsche Städtetag in der europäischen Datenunion eine bedeutende Chance für mehr digitale Souveränität, technologische Innovation und gemeinwohlorientierte Entwicklung.
Ber
Soziales
Sozialausschuss des Europaparlaments bezieht Stellung zur Halbzeitbewertung des ESF+
Am 25. Juni 2025 verabschiedete der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) des Europäischen Parlaments eine Stellungnahme zu den Änderungsvorschlägen der Europäischen Kommission zum Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+). Diese wurden von der Kommission im Rahmen der Halbzeitbewertung der derzeit laufenden Förderperiode von 2021 bis 2027 vorgelegt.
Darin wird vorgeschlagen, die Mittel des ESF+ verstärkt in den Verteidigungssektor und in die industrielle Dekarbonisierung zu lenken. Das Parlament betont demgegenüber die sozialen Zielsetzungen des Fonds. Die Abgeordneten einigten sich in ihrer Stellungnahme darauf, den EU-Mitgliedstaaten eine zusätzliche Vorfinanzierung von 4,5 Prozent des überarbeiteten Programmbudgets zu gewähren, sofern eine Mindestquote von 10 Prozent der ESF+-Mittel für neue Prioritäten eingesetzt wird.
Die Kommission hatte ursprünglich einen Mindestbetrag von 15 Prozent vorgesehen. In der Verteidigungsindustrie und im Cybersicherheitssektor sollen insbesondere Kleinstunternehmen von der Förderung von Kompetenzen profitieren. Projekte des ESF+ in betroffenen Grenzregionen zu Russland, Belarus und der Ukraine sollen in Zukunft mit bis zu 95 Prozent durch die EU kofinanziert werden – ohne Mindestbetrag für eine Umschichtung der Mittel.
Im Gegensatz zur Kommission plädieren die Abgeordneten für eine verlängerte Frist für Änderungen am Programm des ESF+ durch die Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2025, um den nationalen und regionalen Behörden mehr Zeit für eine ergänzende Bewertung einzuräumen. Im Anschluss an die Abstimmung der Stellungnahme im Plenum werden zügige Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten im Rat erwartet, damit die Änderungen am ESF+ schnell in Kraft treten können.
Ber
In eigener Sache
Stellenausschreibung für studentische Hilfskraft in der Abteilung Europa und Internationales
Die Abteilung Europa und Internationales des Deutschen Städtetages sucht ab sofort eine studentische Hilfskraft (m/w/d) zur Unterstützung für 8 Stunden wöchentlich bzw. maximal 36 Stunden monatlich. Hauptaufgaben der Hilfskraft sind u.a. die Unterstützung bei der Recherche und Analyse kommunalrelevanter europapolitischer Entwicklungen, bei der Erarbeitung verbandspolitischer Positionen und Stellungnahmen und die Begleitung der Arbeit der Delegierten des Deutschen Städtetages im Europäischen Ausschuss der Regionen.
Voraussetzung für die Stelle sind die Immatrikulation in einem Studiengang mit europarechtlichem Schwerpunkt, gute Kenntnisse europäischer Zusammenhänge und gute Englischkenntnisse. Der Dienstort ist die Hauptgeschäftsstelle in Köln. Die Stelle als studentische Hilfskraft bietet einen spannenden Einblick in die europäische und internationale Arbeit eines kommunalen Spitzenverbandes sowie erste Erfahrungen in der Interessenvertretung von deutschen Kommunen. Nähere Informationen zu den Bewerbungsmodalitäten finden Sie auf der Website des Deutschen Städtetages.
Ber
Anhang
Redaktion:
Lina Furch (verantwortlich)
Autorinnen und Autoren:
Ulrich Fikar (fia) und Yannik Bernardi (ber)