Die Europa News des Deutschen Städtetages berichten über Neuigkeiten aus der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union sowie dem Ausschuss der Regionen, die aus kommunalpolitischer Perspektive interessant sind. Die aktuelle Ausgabe lesen Sie hier.
Inhaltsverzeichnis
Institutionelles
- Europawahlen 2024
- Verstärkte Zusammenarbeit zwischen Europäischer Kommission und AdR
Wirtschaft
- Binnenmarkt-Bericht des Europäischen Rates
- "Net-Zero Industry Act" für grüne Technologien in der EU
Finanzen
-
ECON-Bericht zur Europäischen Einlagensicherung (EDIS)
Digitales
-
Neue Gigabit-Infrastrukturverordnung in Kraft
Umwelt
-
Parlamentsposition zur EU-Richtlinie Bodenüberwachung und Resilienz
Energie
-
Neue Regeln für den europäischen Strommarkt beschlossen
-
EU-Gas- und Wasserstoffpaket angenommen
Verkehr
-
Europäische Erklärung zur Förderung des Radverkehrs
Migration
- Abschließende Billigung des Migrations- und Asylpakets der EU
Soziales
- Erklärung von La Hulpe über die Zukunft des sozialen Europas
Anhang
- Auswahl der Stellungnahmen und Entschließungen des Europäischen Ausschusses der Regionen
- Auswahl öffentlicher EU-Konsultationen
Institutionelles
Europawahlen 2024
Am 9. Juni wählen die Menschen in Deutschland zum zehnten Mal das Europäische Parlament. Anschließend wird die Europäische Kommission durch das Parlament gewählt. Vor diesem Hintergrund hat der Hauptausschuss am 18. Januar 2024 die die Forderungen zur Europawahl 2024 des Deutschen Städtetages unter dem Titel "Europas Zukunft Richtung geben" verabschiedet.
Wie die Europäerinnen und Europäer kurz vor der Wahl auf die EU blicken, auf die verschiedenen politischen Entscheidungen und was sie von der Zukunft erwarten, untersucht eine Eurobarometer-Umfrage der Europäischen Kommission. Um repräsentative Aussagen dazu treffen zu können, wurden im April Bürgerinnen und Bürger in allen 27 Mitgliedstaaten befragt. Mehr als zwei Drittel der Teilnehmenden (67 Prozent) sind sich darin einig, dass die EU ein Ort der Stabilität in einer schwierigen Welt ist. Für die Europäerinnen und Europäer sind mittelfristig Sicherheit und Verteidigung (34 Prozent) der vorrangige Bereich für EU-Maßnahmen, gefolgt von Klima und Umwelt (30 Prozent). Gesundheit (26 Prozent) steht an dritter Stelle, Wirtschaft und Migration an vierter Stelle (beide 25 Prozent). Bei der Frage, was kurzfristig die größten positiven Auswirkungen auf ihr Leben haben wird, steht die Gewährleistung von Frieden und Stabilität mit 46 Prozent ganz oben. Es folgen die Sicherung der Nahrungsmittel-, Gesundheits- und Industrieversorgung in der EU (28 Prozent), mehr Beschäftigungsmöglichkeiten sowie Steuerung der Migration (26 Prozent).
Ein Faktenblatt Deutschland und weitere Details zur Eurobarometer-Umfrage finden Sie hier.
(kue)
Verstärkte Zusammenarbeit zwischen Europäischer Kommission und AdR
Anlässlich seines 30-jährigen Bestehens und im Hinblick auf das neue EU-Mandat wollen der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) und die Europäische Kommission (EK) ihre institutionelle Partnerschaft verstärken. Am 20. März 2024 wurde ein überarbeitetes Protokoll über die Zusammenarbeit unterzeichnet, um die gemeinsame Arbeit zu intensivieren und sicherzustellen, dass die Stimme der europäischen regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in allen Phasen des EU-Entscheidungsprozesses gehört wird.
Die überarbeitete Zusammenarbeit wird neue konkrete Wege der Beteiligung und des Austauschs ermöglichen, wie etwa eine stärkere Präsenz des Kommissionspräsidenten und der Kommissionsmitglieder auf den AdR-Plenartagungen und die Möglichkeit für AdR-Mitglieder, Fragen und Anliegen aus ihren Gebieten an die Kommission zu richten. Bestehende, von der Europäischen Kommission und dem AdR geförderte Initiativen zur Einbindung lokaler Politikerinnen und Politiker in gezielte Vernetzungs-, Schulungs- und Kommunikationsmaßnahmen sollen besser verknüpft und gemeinsame Maßnahmen zum Aufbau von Kapazitäten in den EU-Ländern gefördert werden. Auch ist vorgesehen, die Zusammenarbeit mit den Vertretungsbüros der Europäischen Kommission in den Mitgliedsstaaten zu verstärken.
Vasco Alves Cordeiro, Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen, sagte dazu: "Eine stärkere Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Ausschuss der Regionen und der Europäischen Kommission ist ein positiver Schritt für alle Regionen und Städte, um sicherzustellen, dass die EU-Rechtsvorschriften so konzipiert und umgesetzt werden, dass sie den unterschiedlichen Gegebenheiten in unseren Gebieten in vollem Umfang Rechnung tragen."
(kue)
Wirtschaft
Binnenmarkt-Bericht des Europäischen Rates
Auf dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs der EU vom 17. und 18. April 2024 in Brüssel wurde der EU-Binnenmarktbericht vom ehemaligen italienischen Ministerpräsident Enrico Letta und Präsidenten des Jacques-Delors-Institut vorgestellt. Der Bericht wurde im Auftrag des Rates erstellt, um insbesondere die Veränderungen der geopolitischen und weltwirtschaftlichen Lage einzuordnen. Für die Verwirklichung eines Europäischen Binnenmarktes schlägt der Bericht konkrete Handlungsansätze vor:
- Der Bericht fordert mehr Integration in Schlüsselbereichen wie Telekommunikation, Energie und Schienenverkehr sowie die Einführung einer fünften Freiheit (freedom to innovate), um mehr Wohlstand durch Bildung, Forschung und Innovation zu erzielen.
- Europa soll auch wieder verstärkt auf den Ausbau eigener Fabriken und Produktionsstätten setzen und die Auslagerung der Produktion in Drittstatten reduzieren.
- Das (öffentliche) Beschaffungswesen soll sich nicht mehr ausschließlich am Preis ausrichten, sondern auch an anderen Faktoren wie Qualität, Lebenszykluskostenrechnung und am sozialen und umweltlichen Nutzen.
- Der Bericht schlussfolgert, dass der hohe Investitionsbedarf der EU sich nicht ausschließlich über private Investitionen decken kann. Er fordert einen Fokus auf europäische Projekte, die ein transnationales, wichtiges Vorhaben von gemeinsamem Interesse beinhalten.
- Staatliche Beihilfen macht Letta als Problem für das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen den EU-Mitgliedstaaten aus. Beihilferegelungen sollten auf der nationalen Ebene strikter angewendet werden. Ein europäischer Beihilfe-Mechanismus soll geschaffen werden, indem die EU-Staaten einen Teil ihres Beihilfenbudgets einzahlen, um pan-europäische Projekte und Initiativen zu fördern.
- Der Bericht beschreibt die Kohäsion als fundamentales Teil des Binnenmarktes, die nicht außerhalb des Wirtschaftsrahmen steht. Die Kohäsionsförderung wird für die künftigen Regionen, die durch die EU-Erweiterung hinzukommen, wichtig bleiben.
- Die Kohäsion wird für strukturschwache Regionen gebraucht sowie für Regionen, die Gefahr laufen in eine Entwicklungsfalle zu steuern. Damit sollen die Menschen zum Bleiben bewegt werden. Der freie Personenverkehr, der im Binnenmarkt gilt, soll auch die Freiheit bedeuten, dort zu bleiben, wo man aufwächst. Fachkräfte sollten vor Ort attraktive Bedingungen vorfinden, um die regionale wirtschaftliche Entwicklung zu bestärken.
Auf dem Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs wurde geschlussfolgert, dass es eines neuen Deals für die europäische Wettbewerbsfähigkeit bedarf, der in einem vollständig integrierten Binnenmarkt verankert wird. Sie fordern die Kommission zur Entwicklung einer neuen Strategie für einen modernisierten Binnenmarkt bis Juni 2025 auf.
(fia)
"Net-Zero Industry Act" für grüne Technologien in der EU
Das Europäische Parlament verabschiedete am 25. April 2024 die Netto-Null-Industrie-Verordnung (Net Zero Industry Act; NZIA). Der Rat zog am 27. Mai nach und billigte ebenfalls die Verordnung. Der belgische Ratsvorsitz erklärte, dass der Gesetzesakt Europa helfen werde, das globale Wettrennen um grüne Technologien anzuführen.
Die Verordnung sieht eine Förderung der für die Dekarbonisierung erforderlichen Technologien in der EU vor. Ziel ist es, diese Technologien vermehrt innerhalb der EU zu produzieren. Konkret legt die Verordnung eine Zeitschiene bis zum Jahr 2030 vor, um in der EU 40 Prozent der CO2-freien Technologien selbst produzieren. Zudem soll die jährliche Fertigungskapazität der EU für Netto-Null-Technologien mindestens 15 Prozent der weltweiten Nachfrage nach diesen Technologien decken. Zu den Netto-Null Technologien gehören in den Bereichen erneuerbare Energien, Wasserstoff, Kernenergie, Energieeffizienz, Netztechnologien, Energiespeicher und Biotechnologie.
Die Europäischen Gesetzgeber einigten sich auf neuen Kriterien für Nachhaltigkeit und Resilienz für die öffentliche Vergabe. Kommunen und kommunale Unternehmen müssen künftig bei der Beschaffung der oben genannten Technologien somit zusätzliche besondere Kriterien beachten, denn für die Vorgabenerreichung schreibt der NZIA diese Kriterien für öffentliche Vergabeverfahren vor. Auktionen für den Einsatz erneuerbarer Energiequellen sollen ebenfalls diesen Kriterien entsprechen. Hierfür wird die Kommission entsprechende Bedingungen festlegen. Dies gilt auch für mindestens 30 Prozent des jährlichen Auktionsvolumens pro Mitgliedstaat oder alternativ für mindestens 6 Gigawatt pro Jahr und Mitgliedstaat.
Für die neuen Vergabekriterien wird ein Übergangszeitraum von zwei Jahren ab Inkrafttreten eingeräumt. Ausgenommen davon ist, wenn die Beschaffung nicht durch eine zentrale Vergabestelle getätigt wird oder der Auftragswert 25 Mio. Euro (Netto) übersteigt. Zudem sind für die Anwendbarkeit der neuen Kriterien über die ökologische Nachhaltigkeit bzw. Resilienz noch Ausführungsrechtsakte der Europäischen Kommission erforderlich, mit denen erst in einigen Monaten zu rechnen ist.
Das Abkommen sieht die Einrichtung von "Netto-Null-Schnellstart-Regionen" vor. Hierbei handelt es sich um spezifische Gebiete zur Beschleunigung von industriellen Tätigkeiten in Bezug auf Netto-Null-Technologien. In diesen Gebieten wird die Umweltprüfung erleichtert. Finanzielle Unterstützung erhalten soll die Netto-Null-Industrie aus den nationalen Einnahmen des Emissionshandelssystems (ETS) und durch die Plattform für strategische Technologien für Europa (STEP).
Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hat sich gemeinsam mit dem VKU im europäischen Gesetzgebungsverfahren nachdrücklich gegen die Aufnahme neuer komplexer Vergabekriterien ausgesprochen und für praxisgerechte Vergabeverfahren eingesetzt. Insbesondere brachte sich der Deutsche Städtetag in einer Stellungnahme des AdR dazu ein.
(fia)
Finanzen
ECON-Bericht zur Europäischen Einlagensicherung (EDIS)
Der Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments (ECON) hat am 18. April 2024 einen Bericht zum Vorschlag der Kommission aus dem Jahre 2015 für eine Verordnung zur Schaffung eines europäischen Einlagenversicherungssystems abgestimmt. In dem Bericht wurden partei-übergreifende Kompromissanträge zum Vorschlag der Kommission gebilligt. Der Berichterstatter im ECON-Ausschuss Othmar Karas (EVP/AT) verzichtete auf eine Abstimmung über ein Mandat für Verhandlungen mit dem Rat. Somit kann das neue Europäischen Parlament nach den Europawahlen entscheiden, ob es sich mit dem Thema und dem Bericht befassen möchte.
Die kurzfristig angesetzte Abstimmung war als Signal der Abgeordneten gedacht, die Bankenunion zu vollenden und Fortschritte in Richtung eines vollständigen Versicherungssystems in der gesamten Europäischen Union machen wollen. Im Rat sind die Verhandlungen dazu seit einiger Zeit ins Stocken geraten. In der ersten Phase sollen Einlagensicherungssysteme gegen lokale Schocks geschützt werden, während das Europäische Einlagenversicherungssystem EDIS das Ziel für eine spätere Phase bleibt.
Der Deutsche Städtetag hat sich im Rahmen der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände gegen eine Zentralisierung und vollständigen Vergemeinschaftung der Einlagensicherung in Europa positioniert und dies in einem Schreiben an die Mitglieder des ECON-Ausschusses zum Ausdruck gebracht.
Digitales
Neue Gigabit-Infrastrukturverordnung in Kraft
Am 8. Mai 2024 ist die Verordnung (EU) 2024/1309 über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Aufbaus von Gigabit-Netzen für die elektronische Kommunikation, die Gigabit-Infrastrukturverordnung, im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden.
Zuvor billigte das EU-Parlament am 23. April 2024 die neue Verordnung. Die Zustimmung des Rates erfolgte am 29. April 2024. Damit wurde der vor knapp einem Jahr vorgelegte Entwurf der Kommission im großen Teilen übernommen mit dem Ziel, die Kosten für den Breitbandausbau zu verringern, indem bestehende Infrastrukturen genutzt werden. Die neue Verordnung bedeutet u.a. die Aufhebung der Richtlinie 2014/61/EU über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation (Kostensenkungsrichtlinie). Diese wurde in Deutschland durch das Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) umgesetzt. Anpassungen des nationalen Rechts müssen nun erfolgen.
Die neuen Regelungen betreffen vorrangig Unternehmen, die Breitbandnetze und insbesondere Glasfaser ausbauen. Gleichzeitig können auch Besitzer weiterer Infrastruktur (Gas- und Wasserleitungen, öffentliche Gebäude) von der neuen Verordnung betroffen sein, aber auch öffentliche Stellen als Genehmigungsbehörden. Neu sind Vorgaben zur Errichtung des Zugangs zu gebäudeinterner physischer Infrastruktur. Dies bedeutet, dass alle neu errichteen oder im größeren Umfang sanierten Gebäude mit Glasfaserfähigen Anschlüssen ausgestattet werden. Die Bestimmungen über Glasfaser-fähige gebäudeinterne physische Infrastrukturen, Zugangspunkte und Glasfaserverkabelung schließen das Vorhandensein anderer Technologiearten innerhalb derselben gebäudeinternen physischen Infrastruktur explizit nicht aus. Bauarbeiten müssen zwischen Glasfaserinstallateuren und anderen öffentlichen Versorgern und deren Arbeiten koordiniert werden. Zudem werden Verfahren für die Erteilung von Genehmigungen und Wegerechte geregelt.
Die Verordnung ist bereits am dritten Tag der Veröffentlichung in Kraft getreten, ihre Vorgaben müssen die Mitgliedsstaaten aber erst nach 18. Monaten, ab 12. November 2025, anwenden. Für einzelne Bestimmungen gelten abweichende Umsetzungsfristen.
(fia)
Umwelt
Parlamentsposition zur EU-Richtlinie Bodenüberwachung und Resilienz
Am 10. April 2024 stimmte das Europäische Parlament über den Bericht des Umweltausschusses zur neuen EU-Richtlinie über Bodenüberwachung und Resilienz ab.
Mit dem im Juli 2023 veröffentlichten Richtlinienvorschlag zur Bodenüberwachung und Resilienz verfolgt die Kommission das übergeordnete Ziel, die Böden in der EU im Einklang mit dem Null-Schadstoff-Ziel bis 2050 in einen gesunden Zustand zu versetzen. Der Vorschlag der Kommission beinhaltet, eine harmonisierte Definition des Begriffs Bodengesundheit einzuführen und einen umfassenden und kohärenten Überwachungsrahmen für Böden entstehen zu lassen. Zudem sollen die nachhaltige Bodenbewirtschaftung und die Sanierung kontaminierter Standorte angestoßen werden.
Die Position des Parlaments beinhaltet aus Sicht des Deutschen Städtetages wesentliche Verbesserungen, wie eine stärkere Differenzierung des Bodenzustands und eine Priorisierung bei der Bodenüberwachung. Nationale Strukturen finden zudem eine bessere Berücksichtigung als im Vorschlag der Kommission. Gleichzeitig verschärft das Parlament den Kommissionsvorschlag im Hinblick auf das notwendige Ergreifen von Maßnahmen zur Verbesserung und Wiederherstellung. Zudem sollen Risiken für kontaminierte Böden nicht nur im Hinblick auf die menschliche, sondern auch die tierische Gesundheit untersucht werden, woraus rechtliche Unklarheiten entstehen könnten.
Im Ministerrat der EU wird noch über eine Positionierung debattiert. Möglicherweise kommt es hier zu einer Abstimmung im nächsten Umweltrat am 17. Juni 2024.
(fia)
Energie
Neue Regeln für den europäischen Strommarkt beschlossen
Am 21. Mai 2024 nahm der Ministerrat aktualisierte Vorschriften für den europäischen Strommarkt an. Das Reformpaket umfasst Neuerungen bei der Strombinnenmarktrichtlinie und die Strommarktgestaltungsverordnung. Das Europäische Parlament gab bereits am 11. April seine Zustimmung zu den Gesetzen.
Eines der Hauptziele der Reform ist es, erneuerbare Energien unabhängiger von kurzfristigen Preisschwankungen zu machen. Daher werden nun Strom-Direktlieferverträge, sogenannte Power Purchase Agreements (PPA), vereinfacht und standardisiert. Die PAA ermöglichen es den Mitgliedstaaten, den Kauf von Strom aus ausschließlich neuen erneuerbaren Energien zu unterstützen.
Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten für ihre direkten Preisstützungssysteme auch zweiseitige Differenzverträge oder gleichwertige Systeme mit denselben Auswirkungen nutzen können, um neue Investitionen in die Stromerzeugung zu fördern. Dies soll zudem sicherzustellen, dass die Strompreise weniger stark von Preisschwankungen auf den von fossilen Brennstoffen abhängigen Märkten beeinflusst werden.
Die Mitgliedstaaten der EU haben bis zu sechs Monate Zeit, um ihre nationalen Rechtsvorschriften an die Bestimmungen der Strommarktrichtlinie anzupassen.
(fia)
EU-Gas- und Wasserstoffpaket angenommen
Das am 11. April 2024 vom Europäischen Parlament verabschiedete Gas- und Wasserstoffpaket regelt künftig die Rechte und Pflichten von Infrastrukturbetreibern und Versogern im Gasmarkt. Zuvor einigten sich Rat und Parlament auf eine neue Gasbinnenmarktrichtlinie und -verordnung zur Festlegung gemeinsamer Binnenmarktvorschriften für erneuerbare Gase und Erdgas sowie für Wasserstoff.
In den Verhandlungen setzte das Parlament seine Position durch, womit Verteilnetzbetreiber eine Perspektive in der aufstrebenden Wasserstoffwirtschaft haben. Konkret wird dieser Beschluss in den Entflechtungsregeln für Wasserstoffnetzbetreiber. Basierend auf der Trennung in Fernleitungs- und Verteilnetze wurden für den Wasserstoffmarkt Entflechtungsregeln eingeführt, die sich an bewährten Praktiken im Erdgas- und Strommarkt orientieren.
Die EU-Kommission hatte zunächst Regelungsvorschläge vorgelegt, die eine eigentumsrechtliche Trennung des zukünftigen Wasserstoff- und Gasnetzes auf Verteilnetzebene bedeuten würde. Im Europäischen Parlaments haben sich die Abgeordneten parteiübergreifend auch bei Wasserstoff für eine Unterscheidung zwischen Fernleitungsbetreibern und Verteilnetzbetreibern ausgesprochen.
Zudem wird eine neue EU-Einrichtung für Wasserstoffnetzbetreiber (European Networks of Hydrogen Networks Operators, ENNOH) aufgebaut. Sie wird unabhängig vom bestehenden Europäischen Verbund der Fernleitungsnetzbetreiber für Gas (ENTSOG) und dem Europäischen Verbund der Übertragungsnetzbetreiber für Strom (ENTSO-E) sein.
Am 21. Mai nahm auch der Ministerrat das Gesetzespaket an. Diese Infographik des Rates zeigt, wie die neuen Vorschriften für den Wasserstoffmarkt und den dekarbonisierten Binnenmarkt wirken sollen. Die neuen Regelungen treten 20 Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft und müssen innerhalb von zwei Jahren von den EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt werden.
Verkehr
Europäische Erklärung zur Förderung des Radverkehrs
Am Rande des informellen Europäischen Rates "Verkehr" und der "Connecting Europe Days" am 3. April 2024 unterzeichneten Vertreterinnen und Vertreter von Kommission, Parlament und Rat eine Erklärung zum Radverkehr. In der Erklärung wird das Fahrrad als nachhaltiges, zugängliches und erschwingliches Verkehrsmittel anerkannt, das einen großen Mehrwert für die EU-Wirtschaft darstellt. Die Erklärung enthält klare Verpflichtungen, wie etwa sichere und kohärente Radverkehrsnetze in den Städten, eine bessere Anbindung an den öffentlichen Verkehr sowie sichere Parkplätze und Zugang zu Aufladestationen für E-Bikes. Auch eine Verbesserung der Erhebung von Daten zum Radverkehr ist vorgesehen. Diese Verpflichtungen sollen auf EU-, nationaler, regionaler und lokaler Ebene eingegangen werden.
Basierend auf einem Kommissionsvorschlag vom Oktober 2023 und als Reaktion auf die Forderungen des Europäischen Parlaments und der Mitgliedstaaten stellt die Erklärung eine gemeinsame politische Verpflichtung dar und einen strategischen Kompass für bestehende und künftige politische Maßnahmen und Initiativen im Zusammenhang mit dem Radverkehr.
(kue)
Migration
Kommission zur europäischen Migrations- und Asylpolitik
Am 14. Mai 2024 hat der Rat das Migrations- und Asylpaket der EU und damit eine wegweisende Reform des europäischen Asyl- und Migrationssystems angenommen. In insgesamt zehn Rechtsakten wird eine Reihe von Vorschriften festgelegt, die dazu beitragen sollen, die Ankunft von Geflüchteten auf geordnete Weise zu steuern, effiziente und einheitliche Verfahren zu schaffen und eine gerechte Lastenteilung zwischen den Mitgliedstaaten zu gewährleisten.
Nach der allgemeinen Einigung zwischen Ratsvorsitz und Europäischem Parlament am 20. Dezember 2023 (Europa News 1/2024) wurden die Gesetze nun offiziell im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Die Mitgliedstaaten haben zwei Jahre Zeit, um die verabschiedeten Gesetze in die Praxis umzusetzen. Wie der Rat ankündigt, wird die Europäische Kommission in Kürze einen gemeinsamen Umsetzungsplan vorlegen, um die Mitgliedstaaten bei diesem Verfahren zu unterstützen.
(kue)
Soziales
Erklärung von La Hulpe über die Zukunft des sozialen Europas
Auf Initiative der belgischen Ratspräsidentschaft fand am 15./16. April 2024 in La Hulpe / Belgien die Konferenz zur Europäischen Säule sozialer Rechte statt. Im Rahmen der Konferenz wurde die "La Hulpe Declaration" von Vertreterinnen und Vertretern der Europäische Kommission, Europäischem Parlament und Rat sowie der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft unterzeichnet. Die inter-institutionelle Erklärung soll die künftige Sozialagenda für den Zeitraum 2024–2029 vorbereiten und die europäische Säule sozialer Rechte als Kompass der EU-Sozialpolitik für die kommenden Jahre bekräftigen. Hervorgehoben wird in der Erklärung u.a. die Notwendigkeit, öffentliche Gelder nur an Projekte zu vergeben, die die Sozial- und Arbeitsrechte respektieren, die Stärkung der Europäischen Arbeitsbehörde, um allen Beschäftigten in der Europäischen Union inklusive der Drittstaatsangehörigen echten Schutz zu bieten, die Sicherstellung einer humanen und fairen Verwendung künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz sowie die Gewährleistung eines sozial gerechten ökologischen und digitalen Wandels.
Die europäische Säule sozialer Rechte bietet ein umfassendes Rahmenwerk von Grundsätzen, die als Leitfaden der europäischen und nationalen Politik im Hinblick auf Chancengleichheit, gleichen Zugang zum Arbeitsmarkt, faire Arbeitsbedingungen, Sozialschutz und Inklusion dienen.
(kue)
Anhang
Redaktion:
Lina Furch (verantwortlich)
Autorinnen und Autoren:
U. Fikar (fia), K. Kühne (kue)