Klimaanpassung
18.08.2025

Für Lebensqualität, Miteinander und Gesundheit

Christine Wilcken, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, gegenüber der Süddeutschen Zeitung
  • Porträtbild von Christine Wilcken

SZ: Frau Wilcken, wenn Sie im Wetterbericht lesen, dass in deutschen Städten Temperaturen von bis zu 40 Grad Celsius drohen, wie das im Juni der Fall war, was geht Ihnen da durch den Kopf?

Christine Wilcken: Wir erleben nun das, was die Wissenschaft längst ankündigt: Wir kämpfen mit Wetterextremen, wie Hagel, Dürre, Starkregen. Die Städte sind vor allem von der Hitze betroffen, weil viele Gebäude, Beton und Asphalt die Hitze speichern und diese sich durch die enge Bebauung staut.

SZ: Sind unsere Städte für die neuen Bedingungen im Klimawandel falsch gebaut?

Wilcken: Städte haben sich immer gewandelt, sie leben Veränderung. Vor ein paar Jahrzehnten ging es darum, dass sie funktional und autogerecht sind. Da entstanden Orte, die sich zum Durchfahren eignen, da will man sich heute nicht aufhalten, da will man auch nicht wohnen. Steigen dort die Temperaturen, wird das für viele unerträglich. Niemand setzt sich bei 35 Grad an einem betonierten Platz in ein Café. Ältere gehen dann gar nicht mehr auf die Straße, die Gefahr für ihre Gesundheit ist zu groß.

SZ: Tun die Städte denn nichts dagegen?

Wilcken: Doch, natürlich.

Bei neuen Quartieren hat sich die Planung in den vergangenen 20 Jahren stark verändert. Der Mensch steht im Mittelpunkt, es geht um Lebensqualität. Das hilft auch, um klimafit zu werden. Das Problem ist der Altbestand, hier ist oft viel zu viel versiegelt, zu wenig Grün, zu wenig Freiflächen.

SZ: Was können die Städte hier tun, um die Hitze erträglicher zu machen?

Wilcken: Es gibt kleinere Maßnahmen wie Trinkbrunnen, Sprühnebelanlagen, Hitze-Apps, Karten mit kühlen Orten oder Wasserspielplätze. Aufwendiger ist die Bepflanzung von Dächern, Fassadenbegrünung bis hin zur Umgestaltung von Plätzen. Städte können selbst was tun oder durch Bebauungspläne oder Satzung andere zum Tun bringen. Je mehr Grün, je mehr Wasser, desto mehr Abkühlung. Das passiert heute schon in vielen Städten, aber im Einzelfall wird es immer ein Aushandlungsprozess sein. Denn in der Stadt gibt es unterschiedliche Interessen.

SZ: Gerade dem Autoverkehr Platz wegzunehmen, führt fast immer zu heftigen Konflikten. Wie lässt sich das vermeiden?

Wilcken: Eine Umfrage der Uni Hamburg hat ergeben, dass knapp 80 Prozent der Menschen den Klimawandel als große Bedrohung fürs Gemeinwesen und für sich selbst wahrnehmen. Doch wenn es konkret wird, darf man die Debatte nicht auf die Frage Parkplatz gegen Grünfläche zuspitzen.

Sondern es ist eine Aufgabe der Politik, die Menschen zu überzeugen, dass es durch einen Umbau am Ende besser wird als vorher. Dass die Perspektive klar wird: Es geht auch um eure Lebensqualität, um euer Miteinander, um eure Gesundheit. Und wir müssen mutig sein.

Das vollständige Interview mit Christine Wilcken zum Nachlesen auf www.sueddeutsche.de