Konferenz der ostdeutschen Städte
05.09.2023

Mehr kommunale Investitionen ermöglichen – Städte besonders bei Klimaanpassung gefordert

Ostdeutsche Städte fordern Update für die Finanzverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen

Die ostdeutschen Städte appellieren an den Bund und die Länder, die kommunalen Investitionsmöglichkeiten der Städte deutlich zu stärken und zu vereinfachen. Der kommunale Investitionsrückstand ist in vielen Bereichen weiterhin riesig. Der Bundeshaushalt 2024, der heute in erster Lesung im Bundestag beraten wird, zeigt unterm Strich noch keinen echten Richtungswechsel hin zu mehr Unterstützung der Städte für Zukunftsinvestitionen.

Der Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Burkhard Jung aus Leipzig, sagte dazu:

"Der Anteil der Investitionen am kommunalen Gesamthaushalt liegt seit Langem bundesweit im Schnitt bei kaum mehr als 10 Prozent. Das müssen wir ändern, denn der Investitionsrückstand der Städte wächst immer mehr."

Jung sagte weiter: "Wir unterstützen die wichtigen Zukunftsprojekte der Bundesregierung für die Trans­formation unseres Landes wie Wärmewende, Verkehrswende, Digitalisierung und den Weg hin zur Klimaneutralität ausdrücklich. Die Städte bekommen dabei aber immer mehr Aufgaben zugewiesen und müssen für all das viel zusätzliches Geld in die Hand nehmen. Dafür brauchen wir mehr Unterstützung vom Bund."

Laut KfW-Kommunalpanel lag der Investitionsrückstand der deutschen Kommunen 2022 bei über 165 Milliarden Euro. Eine Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) hat in der vergangenen Woche allein im Verkehrsbereich einen kommunalen Investitionsbedarf für den Erhalt und die Erweiterung von Schienennetzen, Straßen und ÖPNV von 372 Milliarden Euro bis 2030 aufgezeigt, davon 90 Milliarden für Sanierung und Erhalt der Straßenverkehrsinfrastruktur in Ostdeutschland und 6 Milliarden Euro für die notwendigen Erweiterung der Straßen- und ÖPNV-Infrastruktur in den ostdeutschen Bundesländern – vor allem in den ostdeutschen Städten.

Update für die Finanzverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen

"Vor Ort, in den Städten entscheidet sich, ob die Transformation hin zu Nachhaltigkeit und Klimaneutralität gelingt, um Deutschland zukunftsfest zu machen. Dafür müssen wir in den Städten mehr investieren. Wir brauchen ein Update der Finanzverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Der einfachste Weg wäre ein größerer Anteil der Städte an den Gemeinschaftssteuern, zum Beispiel an der Umsatzsteuer“, sagte Oberbürgermeister Burkhard Jung auf der Konferenz der ostdeutschen Städte im Deutschen Städtetag in Gera:

"Bund und Länder müssen den finanziellen Mehrbedarf der Städte endlich anerkennen und uns die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen."

Jung sagte weiter: "Es ist gut, dass die Bundes­regierung mit dem Wachstumschancengesetz die Konjunktur ankurbeln und die Wirtschaft stärken will. Dass durch das Gesetz aber auch den Kommunen in den kommenden Jahren mehr als 7 Milliarden Euro an Steuereinnahmen verloren gehen, ist angesichts unseres Investitionsbedarfs verhängnisvoll. Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat erst in der vergangenen Woche einen Ausgleich der finanziellen Mehrkosten für die Kommunen beim Deutschlandticket über 2023 hinaus abgelehnt. Ohne Finanzierungszusage des Bundes könnte dem Deutschlandticket ab 2024 das Aus drohen. Und auch auf verbindliche Zusagen für eine bessere Finanzierung für die Unterbringung, Versorgung und Integration von Geflüchteten warten wir immer noch. Wir brauchen endlich ein dauerhaftes System der Finanzierung, dass sich dynamisch den Flüchtlingszahlen anpasst und uns Planungssicherheit gibt. Das müssen Bund und Länder bei ihrem nächsten Treffen im November liefern. Die notwendigen Mittel müssen bereits im Bundeshaushalt 2024 eingestellt werden."

Daueraufgaben Klimaschutz und Klimaanpassung in den Städten deutlich besser finanzieren

Die ostdeutschen Städte appellieren außerdem an den Bund und die Länder, vor allem kommunale Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen deutlich stärker mitzu­finanzieren. Klimaschutz und Klimaanpassung sind zentrale Zukunftsaufgaben von gesamtgesellschaftlicher Relevanz, die vor allem vor Ort in den Kommunen umgesetzt werden. Das reicht von Maßnahmen gegen Extremwettereignisse wie Hitzeschutz oder Starkregenvorsorge, umfasst aber auch die Verkehrswende mit einem stärkeren Ausbau des ÖPNV, die Wärmewende mit kommunaler Wärmeplanung oder Ausbaupläne für erneuerbare Energien.

Dazu erklärte Geras Oberbürgermeister Julian Vonarb bei der Konferenz der ostdeutschen Städte im Deutschen Städtetag: "Klimaschutz und Klimaanpassung werden bundesweit Milliarden kosten. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau nennt sogar eine Zahl von öffentlichen und privaten Investitionen in einer Größenordnung von fünf Billionen Euro, wenn Deutschland bis 2050 klimaneutral werden will. Und die Umweltministerkonferenz der Länder hat einen Stellenbedarf allein für Maßnahmen der Klimaanpassung von über 16.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Ländern und Kommunen erhoben."

Oberbürgermeister Julian Vonarb betonte:

"Einen großen Teil der Maßnahmen setzen die Städte vor Ort um. Das sind massive Investitionen, die die Kommunen nicht allein stemmen können. Bund und Länder müssen uns die entsprechenden Mittel bereitstellen. Klimaschutz und Klimaanpassung sind für uns längst faktisch Pflichtaufgaben, um die Bürgerinnen und Bürger zu schützen und nachhaltige, lebenswerte Städte zu erhalten."

Eine bundesweite Verpflichtung, kommunale Klimaschutzkonzepte und Klimaanpassungs­konzepte zu erstellen, ist deshalb aus Sicht des Deutschen Städtetages durchaus sinnvoll. Die Städte haben sich längst auf den Weg gemacht und Maßnahmen für Klimaschutz und Klimaanpassung ergriffen. Klimaschutz und Klimaanpassung als kommunale Pflichtaufgabe würde den Stellenwert und die Bedeutung von Klimamaßnahmen vor Ort noch einmal stärken.

"Eine solche Pflichtaufgabe ist aber nur denkbar, wenn die Maßnahmen, die wir vor Ort umsetzen müssen und wollen, auch ausreichend finanziert sind. Hier sind Bund und Länder in der Pflicht, denn viele kommunale Haushalte sind extrem angespannt. Wärmewende, Verkehrswende, Klimaschutz und Klimaanpassung sind für uns Mammut-Aufgaben über Jahrzehnte – und realistischerweise in Zukunft sogar Daueraufgaben. Das heißt dann auch, dass wir die Finanzierung auf neue Füße stellen müssen", sagte Oberbürgermeister Julian Vonarb.

Kommunale Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen werden derzeit häufig über Förderprogramme des Bundes oder der Länder finanziert. Der Nachteil für die Städte: Die Förderprogramme sind oft kleinteilig und laufen oft zum Ende einer Wahlperiode aus. Für die Städte gibt es so keine dauerhafte Planungssicherheit, obwohl Klimaschutz und Klima­anpassung Daueraufgaben sind. Außerdem passen die Förderkriterien nicht immer zu den Gegebenheiten vor Ort und die Anträge auf Fördergelder aus diversen Förderprogrammen kosten viel Zeit und binden personelle Ressourcen in den Städten. "Wenn wir bei der Finanzierung über Förderprogramme bleiben, sollten Bund und Länder ihre Förderpolitik neu ausrichten. Die Städte sollten ein festes Budget für Klimaschutz- und Klimaan­passungsmaßnahmen bekommen, am besten über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren. Das gibt uns Planungssicherheit und wäre gleichzeitig ein unbürokratisches Fördersystem, mit dem wir vor Ort passgenau und flexibel arbeiten können", so Vonarb.

5. September 2023 in Gera

Konferenz der ostdeutschen Städte im Deutschen Städtetag