Kinderarmut bekämpfen
26.04.2023

Kindergrundsicherung bald bundeseinheitlich regeln

Deutscher Städtetag nach der Konferenz der ostdeutschen Städte
  • Porträtbild von Oberbürgermeister René Wilke

Die ostdeutschen Städte appellieren an die Ampel-Koalitionäre, sich sehr bald über die Kindergrundsicherung zu verständigen, damit Kinderarmut wirksam bekämpft wird. Die Städte werden tatkräftig an der Umsetzung mitarbeiten für eine Familienunterstützung aus einer Hand. Die Städte fordern, die finanzielle Leistung für Familien bundeseinheitlich und unbürokratisch durch die Bundesverwaltung auszuzahlen. Gleichzeitig müssen die sozialen und Bildungseinrichtungen vor Ort gestärkt werden, um die Chancen und Bildungskarrieren von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Das machten ostdeutsche Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister bei einer Konferenz des Deutschen Städtetages in Frankfurt (Oder) deutlich.

Frankfurts Oberbürgermeister René Wilke, Präsidiumsmitglied des Deutschen Städtetages, sagte:

"Die neue Kindergrundsicherung sollte zum Herzstück beim Kampf gegen Kinderarmut werden. Das unterstützen die Städte unbedingt. Wir brauchen gute Chancen für alle Kinder, egal ob in der Schule, in der Kita, im Sportverein oder in der Freizeit.

Bei der Kindergrundsicherung handelt es sich um eine bedeutsame finanzielle Leistung für die Familien. Genauso wichtig sind aber auch die sozialen Institutionen vor Ort, die Ansprechpartner für jedes Kind und jede Familie sind und gut personell und finanziell ausgestattet sein müssen. Der Handlungsdruck ist offensichtlich.

Inzwischen lebt etwa jedes fünfte Kind in Familien mit Armutsrisiko und ist von sozialen Transferleistungen abhängig. Die Regierungsparteien sollten sich endlich über die Eckpunkte der Kindergrundsicherung verständigen und das Gesetz in die Spur schicken. Der Vorlauf ist nötig, damit das neue System bis 2025 kommen kann."

Die Vorbereitung dieser Verwaltungsreform wird viel Kraft kosten, da Bund, Länder und Kommunen ihre bisherigen Sozialleistungen für Familien zusammenführen müssen. Dazu gehören Kindergeld, Kinderzuschlag und Regelleistungen nach den Sozialgesetzbüchern II und XII. Und es wird Schnittstellen geben müssen zum Unterhaltsvorschuss, zum Wohngeld und zum Jobcenter.

Oberbürgermeister René Wilke:

"Wir brauchen eine Familienunterstützung aus einem Guss. Die Familien müssen die finanziellen Leistungen verlässlich und einfach beantragen können, damit sie alle Familien erreicht und unnötige Bürokratie in der Verwaltung überflüssig wird. Die Städte fordern, die finanzielle Leistung für Familien bundeseinheitlich durch die Bundesverwaltung auszuzahlen",

Die Kinderarmut steigt gerade in den Städten immer weiter an. Besonders Familien mit geringen Einkommen, Alleinerziehende und Langzeitarbeitslose sind angesichts der aktuellen Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln überfordert.

Genauso wichtig für Armutsprävention und gute Bildungskarrieren von Kindern und Jugendlichen bleibe die soziale Infrastruktur vor Ort, macht Wilke deutlich: "Die Städte kümmern sich schon heute um viele Angebote für Kinder und Jugendliche: in Kita und Schule, in der ambulanten und stationären Jugendhilfe, in Jugendtreffs und Sportvereinen. Kinder nutzen Spiel- und Sportplätze, gehen ins Schwimmbad oder in die Bibliotheken. In den Jobcentern werden Jugendliche beim Übergang von der Schule in Ausbildung und Beruf beraten. Bei akuten Krisen erhalten sie und ihre Eltern Hilfe und Unterstützung vor Ort.

Hier muss die Kindergrundsicherung über die finanziellen Leistungen hinaus, die sozialen Strukturen vor Ort stärken und den Kommunen Spielräume beim Einsatz der Mittel eröffnen."

Um Familien als kleinste gesellschaftliche Einheit zu stärken, wurde in Frankfurt (Oder) im Jahr 2018 durch Oberbürgermeister René Wilke der Runde Tisch "Zukunfts- und Bildungschancen für Kinder – Aktiv gegen Kinderarmut in der Stadt Frankfurt (Oder)" initiiert. Dieser setzt sich aus Fachkräften bestehender Strukturen der lokalen freien Trägerschaft, von Einrichtungen, Unternehmen und Institutionen der Stadt, Mitarbeitenden der Stadtverwaltung sowie der ehrenamtlichen Kinderbeauftragten zusammen. Gemeinsam werden niedrigschwellige Beratungsangebote, Aktivitäten und Beteiligungsformate für Kinder, Jugendliche und deren Familien erörtert und realisiert.

Im Rahmen des Runden Tisches wurde beispielsweise die Frankfurter Kindercharta erarbeitet und etabliert. Durch die Achtung und Wahrung dieses städtischen "Kindergrundgesetzes" schließen sich fortlaufend Einrichtungen, Vereine und Institutionen dem Bestreben an, Kinder- und Familienfreundlichkeit als selbstverständlichen Teil der Lebensqualität zu manifestieren.