Unterbringung und Versorgung Geflüchteter
06.11.2023

"Pauschale muss mindestens verdoppelt werden"

Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages, gegenüber der Funke-Mediengruppe

Die Städte sehen in der Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Bundeskanzler am kommenden Montag die letzte Chance, die Flüchtlingsfinanzierung für 2024 zu klären. Ein Erfolg ist die MPK nur dann, wenn es verbindliche finanzielle Zusagen an die Kommunen gibt, die deutlich über die bisher angekündigten Beträge hinausgehen und dynamisch angelegt sind. Außerdem fordern die Städte, die Voraussetzungen für beschleunigte Asylverfahren zu schaffen. Dazu sagte Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister der Stadt Münster, den Zeitungen der Funke Mediengruppe:

  • Porträtbild von Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages

"Die Städte haben seit Monaten keine echte Planungssicherheit mehr bei den Kosten für Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten. Seit dem Frühjahr laufen wir mit Fragezeichen herum und wissen immer noch nicht, wie wir die Finanzierung im kommenden Jahr stemmen sollen. Diese Fragezeichen müssen nach der MPK verschwunden sein. Bund und Länder haben immer wieder angekündigt, dass sie sich bis November auf ein neues System der Finanzierung einigen wollen.

Ein voller Erfolg ist die MPK am kommenden Montag nur dann, wenn wir endlich ein atmendes System der Finanzierung bekommen, dass sich den Flüchtlingszahlen dynamisch anpasst und bereits für 2024 im Bundeshaushalt abgesichert ist. Denn ein neues Finanzierungssystem hilft nur dann, wenn die Gelder in den kommenden Jahren auch wirklich zur Verfügung stehen.

Den Städten ist nicht geholfen, wenn die MPK sich mit dem Kanzler zwar auf Dinge wie eine Bezahlkarte für Geflüchtete einigt, die grundsätzliche Finanzierung für Unterbringung, Versorgung und Integration von Geflüchteten aber weiter offenbleibt.

Beim konkreten Betrag sollte der Bundeskanzler zur MPK deutlich mehr im Gepäck haben als die bisher angekündigten 1,7 Milliarden Euro für eine Pro-Kopf-Pauschale. Das wären nur etwa 5.000 Euro pro Geflüchteten und Jahr. Damit lassen sich Unterbringung, Versorgung und die so wichtigen Integrationsleistungen nicht stemmen. Der Betrag für die Pauschale muss mindestens verdoppelt werden.

Die Städte brauchen darüber hinaus außerdem deutlich mehr Unterstützung bei ihren Integrationsleistungen. Um es ganz klar zu sagen: Ohne gute Integration wird die Aufnahme von immer mehr Geflüchteten nicht gelingen. Die Städte stemmen den Großteil der ganz praktischen Integrationsarbeit vor Ort. Es geht um Kita- und Schulplätze, um Sprachkurse, und wir brauchen das Personal, das sich um Integrationsangebote kümmert. Dafür brauchen wir aber Planungssicherheit, auch finanziell. Das ist die Grundvoraussetzung, um unserer humanitären Verpflichtung gerecht zu werden – ohne Integration und die entsprechenden Mittel geht es nicht. Zusätzlich muss der Bund die Kosten der Unterkunft für Geflüchtete wieder vollständig übernehmen. Diese verbindlichen Zusagen brauchen wir.

Die Städte sollten sich auf die Aufnahme und Integration von Geflüchteten konzentrieren können, die tatsächlich längere Zeit in Deutschland bleiben werden. Deshalb sollten die Voraussetzungen geschaffen werden, um Asylverfahren deutlich zu beschleunigen.

Schnellere Rückführungen von Menschen ohne Bleibeperspektive sind ja erst dann möglich, wenn es final abgeschlossene Asylverfahren gibt. Hier sind Bund und Länder beide in der Pflicht. Der Bund muss beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für mehr Personal sorgen, damit Anhörungsverfahren zeitnah und noch schneller durchgeführt werden können. Die Länder wiederum müssen dafür sorgen, dass die Verfahren an den Verwaltungsgerichten schneller abgeschlossen werden. Heute dauern diese Verfahren je nach Bundesland mehr als ein Jahr, teilweise über zwei Jahre. Wenn die MPK hier Ergebnisse bringt, die dann auch schnell umgesetzt werden, könnte das die Städte perspektivisch entlasten."

Zu einem Beitrag mit den Aussagen von Markus Lewe gegenüber der Funke Mediengruppe auf www.zeit.de