"Die Kommunen sind in Not"
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Thomas Berberich
Christian Schuchardt ist seit kurzem neuer Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. Im Interview mit #stadtvonmorgen spricht er über die Lage der Städte und darüber, wie wichtig seine Erfahrungen als Lokalpolitiker für sein neues Amt sind.
Aus dem Interview der Online-Plattform #stadtvonmorgen
#stadtvonmorgen: Herr Schuchardt, Ihr Karriereweg führt Sie zum Kämmerer, dann zum Oberbürgermeister und nun zum Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. Sie verfügen über einen reichen Schatz an kommunaler Praxiserfahrung. Was davon nehmen Sie mit in Ihr neues Amt?
Christian Schuchardt: Ich möchte eines vorwegschicken: Ich habe für meinen Dienstantritt bewusst einen Termin in Köln bei einer Vorstandssitzung des nordrhein-westfälischen Städtetags gewählt. Diesen Akzent wollte ich setzen und damit zeigen, dass ich der Doppelfunktion, die das Amt mit sich bringt – Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages und Geschäftsführer des nordrhein-westfälischen Städtetags in Personalunion zu sein – zwischen Köln, Berlin und dem Rest der Republik entspreche. Was Ihre Frage nach dem "Seitenwechsel" vom Oberbürgermeister zum Interessenvertreter der Städte betrifft, ist es ein folgerichtiger Schritt. Der Städtetag bündelt die Interessen der dritten Ebene des Staates und transportiert sie auf die Ebenen der Länder und des Bundes. Wichtig ist, die praktischen Erfahrungen der Städte in Gesetzgebungsverfahren einzubringen und umgekehrt Vorhaben der Länder und des Bundes sowie deren kommunale Relevanz in Richtung der Städte zu kommunizieren. Diesbezüglich vertrete ich nun nicht mehr nur die "eigene" Stadt, sondern die Perspektive aller Städte und Gemeinden, die im Deutschen Städtetag zusammengeschlossen sind, mit rund 53 Millionen Einwohnern – und mit ihren jeweiligen lokalen Eigenheiten. Diese kommunale Vielgestaltigkeit reizt mich sehr.
Christian Schuchardt: "Menschen machen ihre Stadt"
#stadtvonmorgen: Unter all den lokalen Eigenheiten und strukturellen Besonderheiten, die die Städte prägen – vor welchen übergreifenden Herausforderungen stehen sie denn?
Christian Schuchardt: Menschen machen ihre Stadt. Damit meine ich: Der soziale Zusammenhalt ist für die Zukunftsaussichten einer Stadt entscheidend. Ihn zu sichern, ist eine dauerhafte Aufgabe, die in einer Zeit umso wichtiger ist, in der tiefgreifende Veränderungen wie der demografische Wandel, Zuwanderung, eine Neuausrichtung von Arbeitswelten oder gesellschaftliche Umbrüche stattfinden. Es geht darum, Stadtidentitäten zu formen. Dazu gehören nicht zuletzt bauliche Veränderungen – ich denke an den Funktionswandel der Innenstädte oder die Transformation großer Warenhausimmobilien in vielen Zentren. Ebenso erfordert der Klimawandel nicht nur städtebaulich Klimaanpassung, sondern darüber hinaus auch eine umfassende Transformation des Verkehrssystems und der Energieversorgung. All diese Megathemen stehen unter zwei Vorzeichen. Erstens ist eine Aufgabenverlagerung auf die kommunale Ebene festzustellen, die trotz ausformulierter Konnexität oft zu ihren Lasten geht. Das hängt, zweitens, mit der kommunalen Finanzausstattung zusammen. Das KfW-Kommunalpanel beziffert den kommunalen Investitionsstau mit rund 216 Milliarden Euro. Und hinsichtlich der kommunalen Haushalte schlug 2024 ein Defizit von rund 25 Milliarden Euro zu Buche. Die Kommunen sind in Not.
Zum vollständigen Interview von #stadtvonmorgen mit Christian Schuchardt
Mit freundlicher Genehmigung der Plattform #stadtvonmorgen (www.stadtvonmorgen.de)
Mehr über Christian Schuchardt in der Pressemitteilung zur Amtsübernahme: "Christian Schuchardt ist neuer Hauptgeschäftsführer" (30.06.2025)