Hauptausschuss
26.01.2023

Situation Ausländer- und Einbürgerungsbehörden

Beschluss des Hauptausschusses des Deutschen Städtetages
  1. Deutschland ist seit 60 Jahren ein Einwanderungsland. Der wachsende Fachkräftebedarf erfordert Einwanderung auch in den nächsten Jahren. Ende 2021 lebten in Deutschland laut Ausländerzentralregister rund 11,8 Millionen Menschen, die keinen deutschen Pass besitzen. Viele von ihnen benötigen nach dem Aufenthaltsrecht einen Aufenthaltstitel. Daneben gibt es den Wunsch vieler Ausländerinnen und Ausländer, sich einbürgern zu lassen, wenn die Voraus-setzungen dafür vorliegen.
     
  2. Die damit verbundenen Verwaltungsverfahren dauern in den vergangenen Jahren immer länger. Steigende Fallzahlen, schwer administrierbare Gesetze und eine angespannte Personalsituation machen eine zeitnahe Sachbearbeitung zunehmend unmöglich. Die Folgen sind deutliche Bearbeitungsrückstände, sehr lange Wartezeiten auf Vorsprachetermine und eine permanente Überlastung der Beschäftigten in den kommunalen Behörden.
     
  3. Der Hauptausschuss sieht dringenden Handlungsbedarf. Ausländer- und Einbürgerungsbehörden müssen stabilisiert werden. Andernfalls können sie ihre Aufgabe bei der für Deutschland notwendigen Fachkräfteeinwanderung und der gewünschten Beschleunigung von Einbürgerungen nicht erfüllen. Es ist zwingend notwendig, dass der Bund und die Länder in enger Zusammenarbeit mit den Städten die rechtlichen Grundlagen sowie die hinterlegten Verwaltungsvorschriften auf Umsetzbarkeit und Administrierbarkeit überprüfen. Die Städte unternehmen bereits An-strengungen, um die personelle Situation zu verbessern. Erforderlich sind weitere Maßnahmen im operativen und personellen Bereich der Behörden selbst.
     
  4. Der Hauptausschuss fordert den Bund auf, in einem strukturierten Prozess mit den Städten gesetzliche und untergesetzliche Regelungen über das Einbürgerungsrecht hinaus (z.B. Fahrerlaubnis, Anerkennung von Bildungsabschlüssen) zielgerichtet daraufhin zu überprüfen, wie sie entschlackt und damit praxistauglicher ausgestaltet werden können. In Betracht kommen beispielsweise verlängerte Geltungsdauern von Titeln, Bescheinigungen und Visa; Versenden elektronischer Aufenthaltstitel auf dem Postweg; Wegfall von nicht zwingend notwendigen Zustimmungserfordernissen insbesondere im Bereich der Fachkräfteeinwanderung.
     
  5. Der Hauptausschuss sieht aber auch die Städte selbst gefordert. Die Personalbindung und -gewinnung gestalten sich in den Ausländer- und Einbürgerungsbehörden zunehmend schwieriger. Verwaltungsinterne Abwanderungen nehmen zu. Freie Stellen können schwer nachbesetzt werden. Die Personalausstattung insgesamt, der Stellenplan und die Stellenbewertungen sind auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen.
     
  6. Der Hauptausschuss appelliert dringend an den Bund, die Beteiligungsrechte der kommunalen Spitzenverbände einzuhalten. Fristen von nur wenigen Tagen lassen keine vernünftige Einbindung der kommunalen Fachpraxis zu. Ohne die kommunale Expertise entstehen praxisferne Gesetze, die vor Ort nicht gut umsetzbar sind.