Stellungnahme
17.01.2020

Aktualisierter Gesetzentwurf der AVV Rahmenüberwachung

Stellungnahme des Deutschen Städtetages zum aktualisierten Entwurf der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über Grundsätze zur Durchführung der amtlichen Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des Lebensmittelrechts, des Rechts der tierischen Nebenprodukte, des Weinrechts, des Futtermittelrechts und des Tabakrechts (AVV Rahmen-Überwachung-AVV-RÜb)

Aus dem Schreiben des Deutschen Städtetages an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft:

"Zu § 4 (Anforderungen an amtliche Prüflaboratorien für amtliche Untersuchungen)

Grundsätzlich sind die zu § 4 erfolgten Anregungen von Änderungen zu begrüßen. Soweit in Abs. 3 der Vorschrift formuliert wird, dass die amtlichen Prüflaboratorien den zuständigen Behörden die Untersuchungsergebnisse einschließlich der Begutachtung so zeitnah zur Verfügung stellen, dass erforderliche Vollzugsmaßnahmen umgehend und wirksam getroffen werden können, empfehlen wir den unbestimmten Rechtsbegriff "zeitnah" auszutauschen. Ersatzweise könnte die Formulierung "nach höchstens 6 Wochen" verwendet werden.

Zu § 5 (Einrichtung und Aufrechterhaltung von Qualitätsmanagement-Systemen)

Abs. 1 der Vorschrift regelt, dass die zuständigen Behörden Qualitätsmanagement-Systeme einrichten, die sich an den aktuellen Normen, insbesondere der DIN EN ISO/IEC 17020 und DIN EN ISO/IEC 17025 orientieren.

Wir weisen darauf hin, dass nach unserer Kenntnis die DIN-Norm DIN EN ISO/IEC 17020 den Kreisordnungsbehörden nicht zur Verfügung steht. Vor dem Hintergrund dieser Regelung müsste diese Norm aber auch für die Kreisordnungsbehörden bereitgestellt werden.

Zu § 12 (Durchführung der amtlichen Probennahme)

Nach Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 beträgt die jährliche Zahl amtlicher Proben bei Lebensmitteln grundsätzlich fünf amtliche Proben je 1.000 Einwohner. Diese Zahl stammt aus einem alten und längst überholten Erlass. Seither haben sich die Betriebsstrukturen erheblich verändert. So ist beispielsweise die Zahl der Hersteller im Bäckerei- und Fleischereiwesen sowie die Zahl der Einzelhandelsgeschäfte erheblich zurückgegangen. Zudem bestehen mit der Basis-Verordnung (EG) Nr. 178/2002 klare Verantwortlichkeiten der Lebensmittelunternehmer für die Einhaltung des Lebensmittelrechts und damit eine wachsende Zahl an Eigenkontrolluntersuchungen. Auch die Untersuchungstechniken sind seitdem starken Veränderungen unterworfen. Heute werden gesundheitlich relevante Stoffe in Lebensmitteln bestimmt, von denen man zur damaligen Zeit noch keine Kenntnis besaß. Diese Untersuchungen sind hinsichtlich des Personalaufwands, der finanziellen Ressourcen und des Zeitbedarfs intensiv. Vor dem Hintergrund immer trickreicherer Verfälschungen und der Globalisierung des Handels ist absehbar, dass der Bedarf an Ressourcen in den Untersuchungsstellen nicht geringer werden wird. Fraglich ist dabei jedoch, ob der Schlüssel "5 Proben je 1.000 Einwohner" noch das richtige Maß für die Bemessung des Aufwandes für Probennahme und Untersuchung darstellt und als Kriterium für eine risikobasierte Überwachung dienen kann. Zu überlegen wäre deshalb, in Abs. 1 der Regelung Satz 3 zu streichen und Satz 2 wie folgt zu ändern: "Soweit Ergebnisse der amtlichen Kontrollen der Betriebe oder landesspezifische Produktions- und Gewerbestrukturen vorliegen, sind diese ebenso zu berücksichtigen wie die Einwohnerzahl."

Anlage 1 Nr. 5.3.5 (Ermittlung der Kontrollhäufigkeit)

Wir verweisen insoweit auf unsere Ausführungen in unserer Stellungnahme vom 14. November 2018. Darüber hinaus ist auf Folgendes hinzuweisen: Offensichtlich wird davon ausgegangen, dass mehr Zeit für anlassbezogene (außerplanmäßige) Kontrollen vorhanden ist mit der Folge, Problembetriebe intensiver und engmaschiger kontrollieren zu können, wenn auf der anderen Seite die Lebensmittelüberwachung nicht mehr so viele Plankontrollen durchführen muss. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass sich der erforderliche Personalbedarf aus den Pflichtaufgaben, also den Plankontrollen ergibt. Die Zahl der (außerplanmäßigen) Anlasskontrollen ist dem gegenüber nicht festgelegt und kann deshalb nur anteilig in die Personalberechnung mit einfließen. Werden also die Kontrollfrequenzen verlängert, wird es in Zukunft weniger Plankontrollen und weniger Kontrollpersonal geben. Nach unserer Kenntnis lag die Kontrollfrequenz bei Gaststätten vor Jahren z.B. im Durchschnitt bei sechs Monaten. Inzwischen beträgt sie 1,5 Jahre. Dabei haben die Erfahrungen gezeigt, dass lange Kontrollfrequenzen zu mehr Beanstandungen bei den Plankontrollen führen und häufiger eine Nachkontrolle notwendig machen, als es früher der Fall war. Geht man nicht mehr so regelmäßig in die Betriebe, wird man Problembetriebe auch nicht mehr rechtzeitig erkennen können. Denn Probleme werden i. d. R. nur vor Ort festgestellt.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Plankontrollen z. B. in Nordrhein-Westfalen gebührenpflichtig sind und der amtlichen Lebensmittelkontrolle wichtige Einnahmen gewähren. Dies ist bei anlassbezogenen Kontrollen nicht der Fall. Sollten nun mehr Anlasskontrollen zu Lasten der Plankontrollen durchgeführt werden, wird sich das Gebühreneinkommen spürbar verringern und damit auch weniger Geld für das erforderliche Personal zur Verfügung stehen. Da es ab Risikostufe 6 für Lebensmittelbetriebe bei den bisherigen Kontrollfrequenzen bleiben soll, findet eine Entlastung gut geführter Betriebe – wie in der Begründung angegeben – nicht statt.

Im Übrigen vermissen wir auch die notwendige Überarbeitung der Risikobewertung. So erhält beispielsweise eine Bäckerei bei Schädlingsbefall nach wie vor lediglich drei Risikopunkte und ein Betrieb, der massiv gegen lebensmittelrechtliche Bestimmungen verstößt, lediglich fünf Risikopunkte. Dies widerspricht nach unserem Dafürhalten einem verstärkt risikobasierten Ansatz der Kontrollen."