Verkehrswende und Bewohnerparken
03.01.2020

Mobilität in Innenstädten: Flexibler und vernetzter

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, im Interview mit der "Nordwest-Zeitung"

Nordwest Zeitung: Der Verband der Automobilindustrie fordert eine Reform des Parksystems in den Städten. Kommunen könnten unter anderem mehr Spielraum bekommen, um die Preise für Parkplätze zu erhöhen. Was halten Sie von den Vorschlägen?

Dedy: Der öffentliche Raum in den Städten ist knapp. Und mehr und mehr wird darüber diskutiert, dass Städte für Menschen anders mit ihren Plätzen und Straßen umgehen sollten. Wir brauchen öffentliche Räume zur Begegnung, zum Miteinander, nicht nur als Parkplätze. Dazu kommen Staus, Lärm und Abgase, die die Lebensqualität der Stadtbewohner mindern. Nötig sind angepasste Lösungen vor Ort für eine grundlegende Verkehrswende, auch um die Klimaziele zu erreichen. Perspektivisch werden weniger Menschen im eigenen Auto in den Städten unterwegs sein, dafür mehr mit der Bahn, im Bus, mit dem Fahrrad oder zu Fuß. Außerdem brauchen wir eine zeitgemäße Lösung für das Bewohnerparken. Der jetzige Gebührenrahmen bis maximal 30,70 Euro pro Jahr deckt oft nicht einmal den Verwaltungsaufwand. Deshalb fordert der Städtetag seit langem, den Gebührenrahmen deutlich zu erhöhen und den Städten größeren Entscheidungsspielraum einzuräumen. Wir können uns für einen Bewohnerparkplatz eine Jahresgebühr bis zu 200 Euro vorstellen.

Nordwest Zeitung: Wäre eine einkommensabhängige Gebühr für das Bewohnerparken ein sinnvoller Schritt?

Dedy: Viele Verkehrsthemen haben letztlich einen sozialen Aspekt, das zeigt auch die aktuelle Klimadebatte. Ob ein Parkausweis nach Einkommenshöhe klug ist oder zu viel Verwaltungsaufwand mit sich bringt, müssen wir uns anschauen.

Nordwest Zeitung: Wie will der Städtetag den Verkehr in den Citys und das Parken besser steuern?

Dedy: Die Digitalisierung wird auch eine bessere Steuerung des Verkehrs ermöglichen. Ampelschaltungen werden weiter verbessert, Parkplatzsuche über Apps wird selbstverständlich werden. Es bleibt aber das Kernthema – der öffentliche Raum in den Städten ist knapp und lebenswerte Städte dürfen nicht nur Parkplätze sein. Letztlich wird es auch darauf ankommen, wie attraktiv Busse und Bahnen oder der Radverkehr vor Ort sind. Und dass sie vernetzt funktionieren, es braucht passgenaue Übergänge von einem Verkehrsmittel zum anderen.

Mit freundlicher Genehmigung der Nordwest-Zeitung