Corona-Maßnahmen
20.11.2021

"Müssen besonders Alte, Kranke und auch die Kinder schützen"

Städtetagspräsident Markus Lewe im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse (PNP), zu Corona-Maßnahmen nach den Beratungen von Bund und Ländern

PNP: Wie bewerten Sie die Ergebnisse der Bund-Länder-Runde zur Bekämpfung der Pandemie?

Markus Lewe: Bund und Länder haben sich auf Maßnahmen verständigt, die längst überfällig sind und die wir seit Wochen fordern. Allen voran die Steigerung der Impfkapazitäten. Um es klar zu sagen:

Es war eine Fehlentscheidung, die kommunalen Impfzentren zu schließen. Der Bedarf ist riesengroß: Erstimpfungen, Booster-Impfungen und in wenigen Wochen auch Kinder ab 5 Jahren. Hier müssen die Länder umgehend die Kapazitäten aufstocken.

Die Städte sind bereit mitzuziehen. Die flächendeckenden 2G-Regeln für den Freizeit- und Kulturbereich fordern wir seit langem. Allerdings sollten sie unabhängig von Schwellenwerten gelten. Die Impfpflicht für sensible Bereich unterstützen wir ebenfalls. Denn wir müssen besonders Alte, Kranke und auch die Kinder schützen, die sich noch nicht impfen lassen können.

PNP: Sorgen die Beschlüsse mit klaren Schwellenwerte zu Hospitalisierung für die nötige Klarheit? 

Markus Lewe: Das werden wir sehen. Als Frühindikator hat sich die Inzidenz der Neuinfektionen bewährt. Wir haben die Sorge, dass eine Hospitalisierungsrate zu träge sein könnte. Schutz-Maßnahmen, die wegen der drohenden Überlastung der Krankenhäuser ergriffen werden, wirken frühestens 2 eher 3 – 4 Wochen später entlastend. Dann kann es schon zu spät sein.

PNP: Was für Herausforderungen ergeben sich daraus für die Städte, etwa bei Weihnachtsmärkten? 

Markus Lewe: Wir alle haben den Geimpften und vor allem auch den Gewerbetreibenden ein Versprechen gegeben: Wenn ihr Euch impfen lasst, werden ihr Euch in diesem Winter auf die Weihnachtsmärkte freuen können. Die Städte werden alles tun, um dieses Versprechen zu erfüllen. Also Weihnachtmärkte mit 2G-Regel. Die Kontrolle ist nicht einfach und hängt von der Situation vor Ort ab.

PNP: Sind die Städte in der Lage, ihren Part bei bei Kontrollen und Hochfahren von Impfmöglichkeiten zu spielen? 

Markus Lewe: Zu den Impfstellen: Wir haben das im Dezember 2020 geschafft und schaffen es jetzt. Dafür brauchen wir Beinfreiheit. Und die Unterstützung effizient arbeitender Kassenärzte. Und wir brauchen die Zusage, dass Bund und Länder die Kosten übernehmen. Allerdings ist es nun wieder ein Riesen-Kraftakt. Und unser Personal arbeitet seit Monaten am Limit. Die Länder müssen deshalb auch für ausreichend medizinisches Personal sorgen.

Zur Kontrolle: Wir können keine kommunale Türsteher vor die Kneipen stellen. Wir brauchen hier die Unterstützung der Gastwirte und Veranstalter und im Fall der Verstöße klare Kante. Und Gerichte, die mitziehen.  Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der städtischen Ordnungsämter werden natürlich weiter stichprobenartig kontrollieren.

PNP: Die Rede ist auch von einer Impfpflicht etwa für Pflege-Beschäftigte. Fürchten Sie Abwanderungen aus diesen Berufen?

Markus Lewe: Die Zahlen aus Frankreich lassen hoffen: Dort hat man durch die Einführung der Impfpflicht nur sehr wenige Pflegekräfte verloren. Mir ist es wichtig:

Viele Pflegekräfte machen einen tollen Job, übernehmen Verantwortung und sind geimpft. Dafür sage ich Danke.

Wichtig ist auch die klare Ansage, wenn die Impfpflicht gilt: Wer innerhalb der nächsten 2 Wochen keinen Impfnachweis vorlegen kann, wird suspendiert und die Gehaltszahlung eingestellt.

PNP: Ist das das geänderte Infektionsschutzgesetz praxistauglich?

Markus Lewe: Das liegt nun hauptsächlich in den Händen der Länder. Wenn die Landesregierungen und Landtage konsequent handeln, haben wir einen guten Instrumentenkasten. Das brauchen wir, wenn die Infektionen weiter steigen. Wenn wir darüber hinaus Maßnahmen ergreifen müssen wie einen Lockdown, muss der Bundestag und der Bundesrat unverzüglich nachschärfen.

Mit freundlicher Genehmigung der Passauer Neuen Presse, www.pnp.de