Innenstadtentwicklung braucht Experimentierkultur, Teamwork und Förderung
Die Innenstadt ist alles andere als ein Nostalgieprojekt. Hier konzentrieren sich viele Teile des städtischen Lebens auf besondere Weise. Lebendige Zentren sind Orte der sozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Teilhabe. Sie sind wirtschaftlich bedeutend für die Stadt und wichtiger Ankerpunkt.
Dabei stehen die Innenstädte vor tiefgreifenden Veränderungen. Strukturwandel im Handel, Klimaanpassung, demografischer Wandel und gesellschaftliche Dynamiken – die Anforderungen an die Rolle und Funktion von Stadtzentren verändert sich rasant.
"Für die Innenstadt der Zukunft wird es dabei verstärkt darauf ankommen, sie als multifunktionalen Raum zu begreifen."
Menschen zieht es dorthin, wo der öffentliche Raum attraktiv gestaltet ist, Läden Vielfalt bieten, Dienstleistungen und Kultur dicht beieinander liegen und Cafés und Gastronomie einladen. Wir brauchen daher einen guten Mix aus Handel, Kulturangeboten, Wohnen, Gastronomie, öffentlichen Einrichtungen und Grünflächen.
Neues schaffen und erproben
Dieser Wandel ist Herausforderung und Chance in einem. Vom Einsatz unterstützender digitaler Tools im Einzelhandel, neuen Geschäftsmodellen und Raumkonzepten bis hin zu kreativen Lösungen fürs Quartier – mit Offenheit und Lust auf innovative Ideen lässt sich Neues schaffen, das die Städte noch lebenswerter macht. Jede Stadt ist individuell und braucht die für sie passenden Lösungen. Umso wichtiger sind daher Möglichkeiten, auch erproben zu können, welche Optionen und Ansätze sich für die eigene Innenstadt am besten eignen. Erfolgreiche Innenstadtentwicklung braucht Experimentierkultur.
Innenstadt ist Teamwork
Zugleich ist eine vitale Innenstadt immer eine Teamleistung, bei der Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Stadtverwaltung gemeinsam an einem Strang ziehen müssen. Profitieren können davon am Ende alle, wichtig ist aber das klare Committment und vertrauensvolle Zusammenwirken der Beteiligten.
Die Städte übernehmen hierbei sowohl eine gestaltende als auch koordinierende Rolle: Sie begleiten Projekte strategisch, vernetzten Akteurinnen und Akteure und unterstützen Kooperationen. Städtebau und Stadtplanung konzipieren und gestalten ansprechende Räume. Wirtschaftsförderung und City-Management bringen die Interessen von Eigentümern und Betrieben zusammen und stehen Gastronomie, Dienstleistern und Handel unterstützend zur Seite. Tourismusmanagement und Stadtmarketing stärken die Sichtbarkeit und Identifikation und steigern die Frequenz.
Am Ende kommt es auf das Zusammenspiel aller Akteurinnen und Akteure an, sowohl privater als auch öffentlicher. Klar ist, ohne handlungsfähige Städte wird es nicht gehen. Die kommunale Finanzkrise droht vielerorts, schon entwickelte Ideen und Ansätze zurückzuwerfen, wenn das Geld zur Umsetzung öffentlicher Innenstadtprojekte fehlt. Hier sind Bund und Länder gefragt. Die Städtebauförderung allein wird das aktuelle Defizit nicht annähernd ausgleichen können. Zudem ist es auch mit einer gut ausgestatteten Städtebauförderung nicht möglich, alle Innenstädte und Stadtzentren zu Stadterneuerungsgebieten zu machen und in die Städtebauförderung aufzunehmen.
Was die Städte benötigen, ist eine grundsätzlich bessere Finanzausstattung sowie flexible Programme, um auf die lokalen Besonderheiten einzugehen. Hierzu zählen auch die Förderung von Machbarkeitsstudien, Netzwerke und experimentelle Ansätze, wie etwa im Umgang mit Leerstand. Das nun auslaufende Bundesprogramm Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren hat in vielen Städten Projekte angestoßen und kann dafür als Orientierung dienen.
Um in Zukunft die unterschiedlichen Akteure in der Innenstadt besser miteinander zusammenzubringen, sollte eine zukünftige Förderung auch öffentliche wie private Mittel zusammenbringen. Eine gemeinsame Förderung und Entwicklung verbessern auch die Kooperation und Zusammenarbeit. Insofern gilt es nicht einfach fortzufahren, wie bisher, sondern sich grundsätzlich Gedanken zur besseren personellen und finanziellen Kooperation zu machen. Nur wenn die unterschiedlichen Kompetenzen gebündelt werden, werden wir die Innenstädte nachhaltig weiterentwickeln können.
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Rüdiger Schestag
Dr.-Ing. Timo Munzinger
Referent Deutscher Städtetag
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privat
Max Sonnenschein
Referent Deutscher Städtetag
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Dieser Text ist erschienen in Städtetag aktuell 6|2025, Schwerpunkt Lebendige Innenstädte