Den Menschen Sicherheit geben

Bei seiner letzten Rede als Präsident des Deutschen Städtetages setzte Markus Lewe, Oberbürgermeister von Münster, auf der Hauptversammlung am 14. Mai einen klaren Schwerpunkt: Es müsse in den kommenden Jahren darum gehen, den Menschen durch gute kommunale Politik Sicherheit zu geben. "Wer sich vor Ort aufgehoben fühlt, der blickt auch zuversichtlich auf globale Veränderungen", so Lewe.
Lewe blickte dabei auf verschiedene Politikfelder, bei denen die Städte aktuell vor besonders großen Herausforderungen stehen. Zum Beispiel beim Thema Wohnen: "Das eigene Zuhause ist ein Rückzugsort, in dem sich jeder geschützt und geborgen fühlen möchte. Das eigene Zuhause ist Ausgangspunkt für das Vertrauen in die eigene Lebensperspektive und damit für alles, was daraus folgt: Familie, Freundschaften und gesellschaftliche Teilhabe. Aber auch Ausbildung, Studium und Beruf", sagte der scheidende Städtetagspräsident. Unsicherheit beim Wohnen hingegen erschüttere das Vertrauen auf ein gutes Leben. Wohnen sei ein existenzielles Grundbedürfnis.
"Was wir aber derzeit erleben, macht viele Menschen unsicher", so Lewe. "Wohnen ist teuer geworden. Extrem teuer. Wenn die Miete in der Stadt Menschen finanziell an die Grenzen bringt, dann haben wir ein Problem. Wohnen muss wieder bezahlbar werden – sowohl im Eigentum als auch zur Miete". Lewe richtete deshalb klare Forderungen auch an die Bundesebene. Es müsse an mehreren Stellschrauben gedreht werden: "Einerseits mehr zielgerichtete Förderung für Neubau. Und auch mehr Modernisierung im Gebäudebestand. Und andererseits wirksame Instrumente gegen explodierende Mieten."
Die neue Bundesregierung habe in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, den sozialen Wohnungsbau anzukurbeln und einen Investitionsfonds für den Wohnungsbau aufzulegen. "Wir sagen: gut so. Dazu muss dann aber auch gehören, dass endlich die Novelle des Baugesetzbuches kommt. Denn für mehr Wohnungsbau brauchen wir nicht nur mehr Geld, sondern endlich auch einfachere Prozesse", so Lewe.
Was den Menschen Sicherheit gebe, habe außerdem viel mit sozialer Sicherheit zu tun, sagte der Oberbürgermeister von Münster auf der Hauptversammlung: "Soziale Sicherheit garantiert Teilhabe an der Stadtgesellschaft. Ohne soziale Sicherheit kein Gemeinwohl. Denn gemeinwohlorientierte Politik ist immer Politik für alle Menschen in der Stadt – gerade für die, die unsere Unterstützung brauchen."
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Helge Krückeberg
Zur Wahrheit gehöre aber auch: "In den vergangenen Jahren ist das Thema soziale Sicherheit ein zweischneidiges Schwert für uns in den Kommunen geworden. Wir alle wissen: Die Sozialausgaben wachsen uns über den Kopf. Bund und Länder setzen im Sozialrecht den Rahmen, viele Leistungen sind in den vergangenen Jahren hinzukommen – ausfinanziert für uns Kommunen waren sie nicht."
Die Städte hätten deshalb einen sehr schweren Spagat vor sich, so Lewe: "Wir werden in den kommenden Jahren dafür sorgen müssen, dass wir soziale Sicherheit für die Menschen in unseren Städten erhalten – und die Städte gleichzeitig aus der finanziellen Überforderung auch durch Sozialleistungen herausholen. Die neue Bundesregierung hat eine Kommission zur Sozialstaatsreform angekündigt. Das ist gut. Aber lassen Sie mich dazu zwei Dinge sagen. Erstens: In dieser Kommission müssen die Kommunen die zentrale Rolle spielen. Ohne uns geht es nicht. Wir sind die, die für soziale Teilhabe vor Ort sorgen. Sicherlich müssen wir in Deutschland auch darauf schauen, welche Sozialleistungen sich bewährt haben und welche wir reformieren müssen. Als Ergebnis einer solchen Kommission darf bei den Menschen aber nicht das Signal ankommen: Es wird einfach nur gekürzt. Es muss das Signal ankommen: Wir machen es besser. Wir machen es effektiver. Wir machen es zielgenauer. Und wir sorgen trotzdem auch weiterhin dafür, dass keiner zurückbleibt. Das gibt Sicherheit."
Natürlich spielte auch das Thema Kommunalfinanzen in der Rede des scheidenden Städtetagspräsidenten eine zentrale Rolle. Damit die Städte handlungsfähig sind, müssten die kommunalen Finanzen stimmen. "Das ist aber landauf landab nicht mehr der Fall. Im Gegenteil: 2024 hatten wir bundesweit ein Rekorddefizit von fast 25 Milliarden Euro. Das sind Schlagzeilen, die auch die Menschen bei uns in den Städten wahrnehmen. Und sie fragen sich: Was bedeutet das für die Kita meiner Kinder? Was für die Öffnungszeiten im Bürgerbüro? Und was für mein Lieblingstheater?"
Den Menschen Sicherheit zu geben heiße deshalb auch, so Lewe: "Sichere Kommunalfinanzen, mit denen wir unsere Städte nach vorne bringen können. Wir wollen nicht Tag für Tag überlegen, wo wir sparen. Wir wollen die Zukunft unserer Städte planen. Im Februar waren wir gemeinsam in der Bundespressekonferenz, Burkhard Jung, Katja Dörner und ich. Wir haben für den Deutschen Städtetag deutlich gemacht: „Die Finanzsituation der Städte ist dramatisch und wir brauchen dringend Veränderungen."
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Paul-Philipp-Braun
Wir wollen die Zukunft unserer Städte planen."
Es brauche einen höheren Anteil der Städte an den Gemeinschaftssteuern. Und es dürfe von Bund und Ländern keine zusätzlichen Aufgaben mehr für die Städte geben, die nicht ausfinanziert sind. An die neue Bundesregierung und die Länder gerichtet sagte Lewe: „Es darf von Bund und Ländern keine Steuererleichterungen geben, die zu Einnahmeausfällen bei den Kommunen führen. Und wenn es sie doch gibt, müssen die Ausfälle 1 zu 1 ausgeglichen werden.“
„Lassen Sie uns alle dafür arbeiten. Lassen Sie uns gute Lösungen finden und uns austauschen. Lassen Sie uns zusammenhalten. In unseren Städten. Im Deutschen Städtetag“, schloss der scheidende Städtetagspräsident seine Rede. „Sicherheit geben. Vertrauen schaffen. Den Glauben an eine bessere Zukunft stärken. Für das Gemeinwohl. Zusammen sind wir Stadt.“