Kommunen fordern Soforthilfe vom Bund
01.12.2025

"Städtische Haushalte kollabieren reihenweise"

Städtetagspräsident Burkhard Jung gegenüber der Funke Mediengruppe

Der Deutsche Städtetag warnt vor dem finanziellen Kollaps der Städte und fordert von Bund und Ländern eine finanzielle Soforthilfe für Kommunen. Die Städte können sonst die vielen Aufgaben, die Bund und Länder den Kommunen übertragen haben, sowie die steigenden Sozialkosten nicht weiter stemmen. Beim Treffen der MPK mit dem Bundeskanzler am kommenden Donnerstag muss es daher konkrete Ergebnisse geben, die den Städten wirklich und schnell helfen. Dazu sagte Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetages, den Zeitungen der Funke Mediengruppe:

  • Porträtbild von Burkhard Jung, seit 2021 Vizepräsident des Deutschen Städtetages, von 2019 bis 2021 Präsident des Deutschen Städtetages

"Die Städte können nicht mehr. Die städtischen Haushalte kollabieren reihenweise, mittlerweile auch in den reicheren südlichen Bundesländern. Wir befürchten, dass die bereits erwartete 30-Milliarden-Euro-Marke beim Defizit der kommunalen Haushalte für dieses Jahr überschritten werden könnte. Die Kommunen brauchen daher eine finanzielle Soforthilfe von Bund und Ländern, damit sie nicht flächendeckend in das Nothaushaltsrecht fallen. In der vorläufigen Haushaltsführung können keine Leistungen, die nicht gesetzlich oder vertraglich geschuldet sind, geleistet werden. Das kann dann von der Sozialarbeit über die Zuschüsse für Sportvereine bis zum Stadtfest reichen."

Jung sagte weiter:

"Der Bundeskanzler und die Ministerpräsidenten der Länder müssen daher bei ihrem Treffen am Donnerstag die richtigen Weichen stellen: Nicht nur für mittelfristig wirkende Reformen, sondern auch in Richtung Soforthilfe für die Kommunen. Denn wenn die Menschen vor Ort den Staat nur noch als Mangelverwalter erleben, dann ist die kommunale Selbstverwaltung und letztlich die Demokratie vor Ort in Gefahr.

Die Reformpakete, die Bund und Länder derzeit schnüren, gehen in die richtige Richtung. Jetzt ist der Herbst der Reformen. Die Reformen helfen allerdings nicht sofort. Bis diese aber im Frühjahr wirken, muss der haushalterische Winter überlebt werden angesichts immer neuer Rekorddefizite.

Die kommunale Not hat konkrete Ursachen. In der schwächelnden Konjunktur wächst das Steueraufkommen der Kommunen entschieden langsamer als die Ausgaben, die durch steigende Personalkosten und auch die allgemeine Teuerung im Besonderen im Gebäudebereich bestimmt werden. Und der Anstieg der nicht durch Bund und Länder vollständig refinanzierten Kosten des Sozialstaates lässt die kommunalen Haushalte nun endgültig kippen.

Schließlich bekommen wir vom Bund und den Ländern seit Jahrzehnten Aufgaben übertragen, die nicht ausfinanziert sind. Die Kommunen leisten etwa ein Viertel der gesamtstaatlichen Ausgaben, erhalten aber nur ein Siebtel der Steuereinnahmen. Das konnte auf Dauer nicht gutgehen und hat jetzt handfeste Konsequenzen. Vielerorts werden schon Buslinien abgeschafft oder ausgedünnt. Kitas und Schulen werden nicht adäquat in Stand gehalten, marode Turnhallen müssen gesperrt werden und der Straßenunterhalt wird zurückgefahren.

Wenn die laufenden Ausgaben nicht mehr finanziert werden können, bleibt vielerorts auch kein Geld für Investitionen. Da hilft zwar das 100-Milliarden-Paket aus dem Sondervermögen, von dem die meisten Länder aber nur um 60 Prozent an die Kommunen weitergeben haben. Doch bei aller Dankbarkeit für die Mittel aus dem Sondervermögen und auch für die von der Bundesregierung angekündigte Altschuldenregelung, geht es jetzt nicht mehr nur an das Eingemachte in den städtischen Haushalten. Das ‚Eingemachte‘ in Form von Rücklagen und Reserven, ist nämlich in den letzten Jahren aufgebraucht worden. Es geht jetzt an die Substanz der kommunalen Daseinsvorsorge und der kommunalen Selbstverwaltung und das ist demokratierelevant."