Kaufhaus-Schließungen
24.03.2023

"Wir brauchen neue Perspektiven"

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, in der Tageszeitung taz
  • Porträtbild von Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages

47 Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof sollen nach aktuellem Stand schließen. Dazu fragt die Tageszeitung taz, was danach kommen könnte. Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages:

"In vielen Städten wird nach den Kaufhaus-Schließungen eine andere Innenstadt kommen. Eine, die nicht nur vom Einkaufen, sondern von mehr Aufenthaltsqualität geprägt sein wird.

Wenn wir uns anschauen, dass unter 30-Jährige zum Shoppen praktisch nicht mehr in die Innenstadt gehen, dann zeigt sich, dass wir neue Perspektiven brauchen. Die Situation bei Galeria Karstadt Kaufhof beschleunigt also einen Prozess, der ohnehin stattfindet: den Umbau der Innenstädte.

Momentan ist da häufig zu viel Parkplatz, zu viele Flächen sind versiegelt, es ist zu wenig Grün da und zu wenig Leben. Also zu wenig Dinge, die ein Gefühl von 'Hier will ich sein' schaffen.

Nun gibt es bei diesem Transformationsprozess natürlich Hürden. Eine große: Die Immobilien gehören in der Regel nicht der Stadt selbst. Im besten Fall gehört einer Inhaberin oder einem Inhaber der selbst geführte Laden direkt, im ungünstigsten Fall ist zum Beispiel ein australischer Finanzinvestor der Eigentümer. Und dem ist ziemlich egal, was in einer mittelgroßen deutschen Stadt passiert, der will einfach nur seine Rendite. Als Stadt muss man also verschiedene, teilweise sich widersprechende Interessen und Perspektiven zusammenbringen: die Immobilieneigentümer, die Händler vor Ort, aber vor allem auch die Menschen, die die Innenstadt nutzen.

Deshalb ist das Wichtigste: eine Idee. Eine Idee dafür, was ich als Stadt und Gesellschaft eigentlich tun will mit diesen unheimlich attraktiven Flächen.

Und wenn ich sage, ich will mehr Grün haben und weniger Beton, ich will weniger Autos und Parkplätze, aber dafür etwas Wasser und Orte, die für Belebung sorgen – vielleicht eine Kita oder auch Wohnungen – dann kann ich damit arbeiten.

Die Kernfrage sollte sein: Wo fühlen wir uns wohl? Und in der Regel fühlen wir uns da wohl, wo auch andere Menschen sind, wo Leben ist.

Wir müssen also einen Raum schaffen, über den die Menschen sagen: Hier möchte ich gerne sein."

Zum Artikel in der taz mit Statement von Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy