Präsidium
22.09.2020

Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder

Beschluss des Präsidiums des Deutschen Städtetages
  1. Die Einführung eines individuellen Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ist gesellschafts- und bildungspolitisch notwendig. Es ist aber vorrangig eine Angelegenheit der Bundesländer, die für die schulische Bildung zuständig sind. Eine Verankerung dieses Rechtsanspruchs im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) halten die Städte deshalb nicht für sinnvoll. Sollte dieser Weg dennoch beschritten werden, muss der Vorbehalt eigener Landesgesetze zur Festlegung der Zuständigkeit auf Landesebene ebenfalls gesetzlich verankert werden.
     
  2. Angesichts des Personalmangels bei Erzieherinnen und Erziehern und Sozialpädagogen sowie der notwendigen baulichen Anpassungen in Schulen und Horten ist der Ausbau eines umfassenden qualitativ hochwertigen Betreuungsangebotes für den größten Teil der Grundschulkinder in den nächsten fünf Jahren faktisch unmöglich. Eine Ausbildungsinitiative für Erzieherinnen und Erzieher wäre angesichts der wachsenden qualitativen und quantitativen Herausforderungen in der Kindertagesbetreuung dringend erforderlich.
     
  3. Der Deutsche Städtetag schlägt vor diesem Hintergrund vor, den Rechtsanspruch im Sinne eines schrittweisen Ausbaus der vorhandenen Angebote in Horten und Schulen auszugestalten. Dieser sollte sich frühestens im Jahr 2025 auf die Schulkinder der 1. Klassen erstrecken und schuljährlich ausgebaut werden. Auch der zeitliche Umfang des Betreuungsanspruchs muss in der Einstiegsphase begrenzt werden. Ein umfassendes Angebot an allen Wochentagen bis in den späten Nachmittag hinein wird in der Fläche nicht möglich sein. Dies ist bei den bisherigen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern noch nicht ausreichend wahrgenommen und berücksichtigt worden.
     
  4. Das Präsidium stellt klar, dass die Kosten des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung nicht allein von den Städten getragen werden können. Bund und Länder stehen in der Verantwortung, die zusätzlichen Investitions- und Betriebskosten für diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu finanzieren.
     
  5. Die kommunalen Spitzenverbände sind, unverzüglich in die laufenden Gespräche zwischen Bund und Ländern einzubeziehen.