Hauptausschuss
Zivile Verteidigung in Deutschland
Beschluss des Hauptausschusses des Deutschen Städtetages
- Der Hauptausschuss sieht mit großer Sorge die zunehmende Bedrohungssituation und hybriden Angriffe in Deutschland und Europa. Er unterstreicht, dass die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit angesichts der veränderten Weltlage ein bedeutender Handlungsschwerpunkt der EU und der Bundesregierung sein muss. Dabei ist die Zivile Verteidigung eine notwendige Säule der Verteidigungsinfrastruktur und von gleichrangiger Relevanz wie die militärische Verteidigung.
- Der Hauptausschuss erkennt an, dass Teile der Zivilen Verteidigung über die kommunale Ebene entwickelt und operativ umgesetzt werden müssen. Gleichzeitig fordert er Bund und Länder mit Nachdruck auf, die Erfüllung dieser Aufgaben mit einem nachhaltigen Finanzierungskonzept und dem notwendigen Rechtsrahmen zu gewährleisten. Dies umfasst insbesondere die Finanzierung von Vorhaltekosten. Ein Verweis auf die Zeit des Kalten Krieges ist weder sachgerecht noch Ausdruck einer fairen Verantwortungsteilung zwischen den Ebenen. Der Hauptausschuss hält es für dringend geboten, die Aufgabenübertragung zu klären. Er kritisiert ausdrücklich, dass Zivilschutzaufgaben wie die Zivile Alarmplanung oder die Bereitstellung von Schutzräumen ohne Finanzierung auf die kommunale Ebene verlagert werden. Gleiches gilt für Vorbereitungen und Maßnahmen, die sich aus dem Operationsplan Deutschland ergeben.
- Die Stärkung der Zivilen Verteidigung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Unterschiedliche Geschwindigkeiten, Informationspolitiken und Umsetzungsaktivitäten in den Ländern belasten und verzögern die hierfür notwendigen Schritte. Der Hauptausschuss fordert ein abgestimmtes Vorgehen zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Dringend geklärt werden muss ein einheitlicher Umgang mit Verschlusssachen und Geheimschutzangelegenheiten. Dies umfasst eine notwendige Debatte über öffentlich zugängliche Daten von Einrichtungen der kritischen Infrastruktur. Der Hauptausschuss bittet die Bundesregierung und die Länder, die kommunale Ebene in die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Zivil-militärischen Zusammenarbeit auf Augenhöhe einzubinden.
- Bei der Planung und Umsetzung des Nationalen Schutzraumkonzepts kommt den Städten eine zentrale Rolle zu. Sie müssen geeignete Orte und Infrastruktur auf ihre perspektivische Schutzfunktion prüfen, lokale Evakuierungspläne aktualisieren und logistische Kapazitäten hochfahren. Der Hauptausschuss fordert Bund und Länder auf, diese Generationenaufgabe gemeinsam anzugehen und auskömmliche Mittel und Personalkapazitäten hierfür bereitzustellen. Der Hauptausschuss weist dabei auf die besonderen Herausforderungen bei Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen hin.
- Bund und Länder müssen mehr Verantwortung übernehmen, die Bevölkerung für den Ernstfall zu sensibilisieren und die Selbsthilfefähigkeit zu stärken. Der Hauptausschuss verlangt eine stärkere Rolle des Bundes in der Kommunikation mit den Bürgerinnen und den Bürgern. Bevor ein Schutzraumkonzept ausgerollt wird, müssen Wording und Ansprache an die Bürgerinnen und Bürger zwischen den Ebenen abgestimmt werden.
- Der Hauptausschuss unterstreicht erneut, dass ein funktionierender Zivil- und Katastrophenschutz maßgeblich auf den Schultern des Ehrenamts liegt. Er stellt fest, dass ehrenamtliche Einsatzkräfte in mehreren Organisationen oder in Bereichen kritischer Infrastruktur tätig und damit mehrfach verplant sind. Der Hauptausschuss hält es daher für erforderlich, die Rahmenbedingungen für das Ehrenamt im Bevölkerungsschutz weiter zu verbessern. Zudem sind alle Einrichtungen wie auch die Kommunen aufgefordert, sich mit der Herausforderung der doppelt und dreifach Verplanung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Einsatzkräften und Helferinnen und Helfern auseinander zu setzen.