17.09.2014
Präsidium des Deutschen Städtetages beriet in Münster
Unterbringung von Flüchtlingen: Deutscher Städtetag fordert Sofortprogramm von Bund und Ländern
Die deutschen Städte stehen uneingeschränkt zu ihrer Verantwortung, Menschen aus humanitären Gründen aufzunehmen. Der Deutsche Städtetag appelliert gleichzeitig an Bund und Länder, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um die Kommunen bei der Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern und Flüchtlingen zu entlasten und damit ihrer Verantwortung stärker als bisher gerecht zu werden.
Der Präsident des Deutschen Städtetages, der Nürnberger Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, sagte heute nach einer Präsidiumssitzung des kommunalen Spitzenverbandes in Münster: "Die Städte tun, was sie können, um schutzbedürftigen Menschen zu helfen. Wir fühlen uns ganz klar dem Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte und der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet. Die dramatisch gestiegenen Asylbewerberzahlen stellen die Städte aber auch vor erhebliche praktische Probleme. Deshalb brauchen wir ein Sofortprogramm von Bund und Ländern mit rasch wirksamen Maßnahmen, um die Asylbewerber und Flüchtlinge angemessen zu versorgen."
Die Asylverfahren müssten verkürzt, die Kapazitäten der Länder für die Unterbringung deutlich aufgestockt werden. Außerdem benötigen die Kommunen in allen Ländern Investitionshilfen, um genügend Aufnahmemöglichkeiten schaffen zu können sowie eine zeitnahe Erstattung ihrer Kosten, da die Flüchtlingsversorgung Aufgabe der Länder ist.
Zahlreiche Kriege und Konflikte in verschiedenen Regionen der Welt führen dazu, dass immer mehr Asylbewerber in Deutschland Zuflucht suchen. Allein in den ersten sieben Monaten dieses Jahres haben fast 100.000 Menschen in Deutschland Asyl beantragt, etwa 60 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr. Seit dem Wegfall der Visumspflicht sind auch die Asylbegehren aus den Westbalkanländern sprunghaft gestiegen, anerkannt wurden von ihnen in diesem Jahr allerdings nur 0,3 Prozent.
"Bei Bund, Ländern und Kommunen verringern sich durch die Asylbewerber aus diesen Staaten die Kapazitäten für viele, tatsächlich schutzbedürftige Asylsuchende. Deshalb appellieren wir an den Bundesrat, den Weg frei zu machen für die Gesetzesinitiative, um die Westbalkanstaaten Serbien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären."
Der Deutsche Städtetag begrüßt die im Gesetzentwurf enthaltene Regelung, die Wartefrist, nach der Asylbewerbern und Ausländern mit einer Duldung die Aufnahme einer Beschäftigung grundsätzlich erlaubt werden kann, von gegenwärtig neun auf drei Monate zu verkürzen und ihnen einen erleichterten Zugang zu Integrationsleistungen zu verschaffen.
Der Deutsche Städtetag fordert zudem den Bund auf, die Dauer von Asylverfahren – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – auf drei Monate zu verkürzen. "Einen guten Anfang dafür hat der Bund mit der Zusage von 300 zusätzlichen Stellen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gemacht. Damit die Anträge schneller bearbeitet werden können, muss diese Personalaufstockung rasch vollständig umgesetzt und bei Bedarf auch erhöht werden", machte Maly deutlich. Denn die Dauer der Asylverfahren, die derzeit im Durchschnitt bei knapp sieben Monaten liegt, sei entscheidend dafür, wieviel zusätzliche Unterkünfte und Finanzmittel benötigt werden.
In vielen Bundesländern reichen die Kapazitäten in den zentralen Aufnahmeeinrichtungen der Länder angesichts der steigenden Asylbewerberzahlen nicht mehr aus. In einigen Ländern – zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen – werden die Asylbewerber sehr rasch, zum Teil schon nach 14 Tagen, an die Kommunen weitergeleitet. Städtetagspräsident Maly forderte: "Die Länder sollten ihre Unterbringungskapazitäten deutlich erhöhen, um eine menschenwürdige Unterbringung zu gewährleisten." So sollte auch erreicht werden, dass die Asylbewerber länger in den zentralen Einrichtungen der Länder – zumindest für drei Monate – verbleiben können. Dies sollte jedenfalls für Asylbewerber mit offensichtlich unbegründeten Asylbegehren gelten.
In vielen Städten sind die Kapazitäten, um Asylbewerber unterzubringen, längst ausgeschöpft. Investitionshilfen für Um- und Neubauten könnten daher helfen, um für die Flüchtlinge notwendige Immobilien zu bauen und herzurichten. Die Erstattung der Kosten, die den Städten für die Unterbringung, Versorgung und Betreuung der Asylbewerber entstehen, ist in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich geregelt.
"Die Städte wollen die Menschen menschenwürdig unterbringen und versorgen. Wir fordern die Landesgesetzgeber auf, ihrer Verantwortung nachzukommen und den Kommunen ihre Ausgaben zeitnah zu erstatten. Dazu gehören die Ausgaben für die Unterbringung und Versorgung, für die soziale und psychosoziale Betreuung, für den Schulbesuch der Kinder, die Jugendhilfeausgaben und die Ausgaben für die gesundheitliche Versorgung", so Maly. Insgesamt komme es darauf an, die Flüchtlinge, die in Deutschland bleiben, gut in unsere Gesellschaft zu integrieren. Die Kommunen seien weiterhin bereit, dazu ihren Beitrag zu leisten.