Erlangen
06.04.2022

Städtepartnerschaft Wladimir: Stadtrat verabschiedet Resolution

Mit breiter Mehrheit hat der Stadtrat am Donnerstag eine Resolution zur Partnerschaft mit der russischen Stadt Wladimir verabschiedet.

Der Wortlaut der Resolution

Die Partnerschaft zwischen Erlangen und der russischen Stadt Wladimir soll zu Frieden und Entspannung beitragen. Sie kann nur in einer Atmosphäre des Friedens gedeihen. So haben es beide Städte 1986 vereinbart und unterzeichnet.

Über einen Monat dauert der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der russischen Armee gegen die Ukraine nun an. Putins verheerender Feldzug richtet sich nicht nur gegen die Ukraine, sondern gegen Frieden, Freiheit und Demokratie in Europa und auch in Russland. Der Krieg und das rücksichtslose Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung in der Ukraine sind mit nichts zu rechtfertigen und erfüllen uns mit tiefem Entsetzen. Die Brutalität, die die russische Armee zuletzt in Syrien gezeigt hat, wird nun auch mitten in Europa angewandt. Ein Waffenstillstand und ernsthafte Friedensverhandlungen sind dringender denn je. Das größte Leid trägt die ukrainische Zivilbevölkerung vor Ort und auf der Flucht. Die große Hilfsbereitschaft, mit der diese Menschen auch bei uns vor Ort aufgenommen werden, macht Mut. Ein besonders wertvolles Zeichen ist die Unterstützung, die von Mitbürger/innen kommt, die aus den ehemaligen GUS-Staaten stammen, insbesondere von russischen Mitbürger/innen. Dieses Engagement steht für ein Miteinander in Erlangen und in Europa, das die Stadt Erlangen auch vor Ort stärken und fördern werden.

Mit großer Sorge erfüllt die Stadt Erlangen aber auch die Repression, die die russische Bevölkerung jeden Tag erlebt. Der Krieg gegen die Ukraine führt in Russland nahezu jeden Tag zu neuen Einschnitten in das Recht auf freie Information und Meinungsäußerung. Die von staatlichen Medien verbreitete Darstellung zum Kriegsgeschehen aber auch zu einem vermeintlichen Ziel des Westens, Russland und die russische Kultur zu erniedrigen, bleiben unwidersprochen. Eine Entwicklung, die sich über die vergangenen Jahre bereits abgezeichnet hat, gewinnt an ungekannter Schärfe.

Die Partnerschaft zu Wladimir steht - ähnlich übrigens wie der Partnerschaften zu San Carlos oder Shenzhen - seit ihrer Gründung in einem Spannungsverhältnis. Der Kontakt zu den offiziellen Stellen ist notwendig, um die Partnerschaft gestalten zu können. Der Schwerpunkt der Partnerschaft liegt aber bewusst auf den Kontakten zur Zivilgesellschaft. Zur Wahrheit gehört aber auch: Ohne den Kontakt zu den offiziellen Stellen wären die Kontakte zur Zivilgesellschaft unmöglich.

In dieser schwierigen Situation braucht es eine realistische Abwägung: Von offizieller Seite in Wladimir eine Distanzierung vom Ukrainekrieg oder eine kritische Stellungnahme zu verlangen, birgt die große Gefahr, den notwendigen Rahmen für alle zivilgesellschaftlichen Kontakte langfristig zu zerstören und höchstwahrscheinlich zu beenden. Dass eine entsprechende Aufforderung hingegen eine Änderung der Haltung der offiziellen Stellen in Wladimir oder darüber hinaus bewirkt, scheint äußert unwahrscheinlich. Alle Möglichkeiten, nach einem hoffentlich baldigen Ende des Krieges mittel- und langfristig auch den kritischen Dialog fortzuführen, drohen damit hingegen unwiederbringlich verloren zu gehen. Zivilgesellschaftliche Kontakte lassen sich anders als Wirtschaftskontakte nicht nach Belieben sanktionieren.

Der Stadt Erlagnen ist das Signal wichtig, dass dies nicht der Krieg der russischen Bevölkerung ist. Gerade auch für das Zusammenleben vor Ort ist Erlangen wichtig: Die Sanktionen richten sich nicht gegen alles Russische, sondern gegen die Führungselite in Russland, die diesen Krieg verantwortet. Der Stadt Erlangen ist dabei die besondere Verantwortung bewusst, die engen Beziehungen zur russischen Bevölkerung zu erhalten. Diese begründet sich insbesondere aus der historischen Schuld, die Deutschland im Zweiten Weltkrieg auf sich geladen hat und angesichts der Versöhnung, die nicht zuletzt durch die Städtepartnerschaft gelungen ist.

Vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges

  • verurteilt die Stadt Erlangen den Krieg in der Ukraine als das, was er ist: Ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg. Dies machen wir auch weiterhin im Rahmen der Kontakte der Städtepartnerstadt deutlich.
  • unterstützt die Stadt alle Bemühungen den Menschen in der Ukraine zu helfen.
  • Insbesondere unterstützen wir die Bemühungen unserer Nachbarstadt Nürnberg, der ukrainischen Partnerstadt Charkiv zu helfen. Wir rufen die Bevölkerung zu Geldspenden auf.
  • engagiert sich die Stadt Erlangen gemeinsam mit vielen Engagierten für die Aufnahme der aus der Ukraine Geflüchteten hier bei uns.
  • setzt die Stadt ihre Anstrengungen fort, die Kontakte zur Zivilgesellschaft in Waldimir zu halten. Die Stadt handelt damit in Übereinstimmung mit den Empfehlungen des Deutschen Städtetags. Die Erlanger Stadtverwaltung, insbesondere der Partnerschaftsbeauftragte, wird weiterhin als Vermittler zwischen der Zivilbevölkerung Erlangens und Wladimirs eingesetzt.
  • ist es aus heutiger Sicht nicht vorstellbar, zum 40-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft Erlangen-Wladimir im kommenden Jahr ein Jubiläum in klassischer Form durchzuführen. Vorbereitungen dafür finden auch weiterhin nicht statt.“


Weitere Informationen rund um die Städtepartnerschaft gibt es auch im Internet unter www.erlangen.de/wladimir